Wie bestimme ich die maximale Retourenquote?

Wie bestimme ich die maximale Retourenquote?

Die Frage, ob es eine maximale Retourenquote im E-commerce gibt, klingt banal. Diese ist Null, könnte man spontan sagen, jede Retoure ist eine Retoure zuviel. Allerdings klingt eine Retourenquote von Null für viele Warenkategorien und Onlineshops doch sehr idealistisch. Daher finden Sie in diesem Beitrag einen Ansatz, wie Sie unter realistischen Annahmen Ihre maximale Retourenquote bestimmen können.

Retourenquote Retourenmanagement
Immerhin 7 % des Paketvolumens im E-commerce sind Retouren (Quelle: haufe.de)

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Die Retourenquote – Kennziffer oder Politikum?

Die Retourenquote ist eine Kennziffer, die regelmäßig für Aufsehen sorgt. Ist diese besonders hoch, wird die Effizienz des E-commerce insgesamt in Frage gestellt. Dabei kann aber auch übersehen werden, dass Retouren ein wichtiger Teil des Leistungsversprechens im E-commerce sind. Die Freiheit, eine bestellte Ware ohne Angaben von Gründen zurücksenden zu können, senkt Vorbehalte gegen die Onlinebestellung und ist daher eine unverzichtbare Zusage der Händler. In manchen Fällen etwa bei Zalando und seinem Vorbild Zappos ist die Retoure sogar Teil der Marke.

Dennoch –oder gerade wegen einer auch positiven Rolle der Retourenquote- kann der Anteil der Retouren an den gesamten Bestellungen nicht unkontrolliert bleiben. Denn Retouren haben natürlich und vor allem auch einen negativen Effekt. Sie reduzieren den Umsatz, den Ertrag und verursachen Kosten. Und am gravierendsten: Sie sind ein Indikator für unzufriedene Kunden, die bei zuvielen Retouren den Onlineshop wechseln.

Die maximale Retourenquote berechnen

Doch wie viele Retouren kann und sollte man sich leisten? Die Frage nach der optimalen Retourenquote ist sicher in vielen Fällen mit der Antwort „Null“ schnell beantwortet. In anderen Fällen, wo die Bestellung auch vom Wunsch auszuwählen geprägt ist, könnten zu wenige Retouren ein Indikator für geringe Shoppinganreize und geringere Warenkörben sein. Unter diesen Umständen könnte etwa Modeshops eine Vorstellung von einer Mindestretourenquote haben. Die typische Retourenquote in der Mode ist etwa 50%, wenn mindestens zwei Größen eines Bekleidungsstücks zur Auswahl bestellt werden. Allerdings erscheinen 50% als Mindestretourenquote und Zielgröße für die Retouren doch recht hoch. Es sollte Onlineshops ein Anliegen sein, unnötige Retouren insgesamt zu reduzieren. Unnötig ist es auch, dass nicht passende Teile verschickt werden. Fortschritte in der Fitting Technology sollten helfen, die typische oder übliche Retourenquote in der Mode auf 20 oder 30% zu reduzieren.

Retouren in der Deckungsbeitragsrechnung

Während die Bestimmung einer Mindest- oder typischen Retourenquote nicht ganz trivial und abhängig vom Sortiment ist, lässt sich die maximale Retourenquote leicht rechnerisch bestimmen. Mit der maximalen Retourengröße hat also jeder Online Shop eine Steuerungsgröße zur Verbesserung der Retourensituation. Wie sich die maximale Retourenquote bestimmen lässt, wird im Folgenden gezeigt:

Die maximale Retourenquote ist die Retourenquote, die sich ein E-commerce-Unternehmen leisten kann, ohne dass die Deckungsbeiträge unter einen Mindestwert fallen. Dieser Mindestwert ist in der Regel gegeben, wenn die Deckungsbeiträge nach Abzug der Kosten für Waren, Verpackung und Versand sowie zurechenbares Marketing (DB II) unter die Gemeinkosten (GC für General Costs) des Onlineshops fallen. Dann sind nur die Gemeinkosten durch die operativen Erträge aus dem Shop gedeckt, ein Gewinn wird nicht erwirtschaft. Diese Bedingung lässt sich –zunächst ohne Retouren- wie folgt abbilden:

(1) GC = CM II mit GC für General Costs und CM für Contribution Margin.

In einer detaillierten Darstellung gilt

(2) GC = Visits (CR x (SC – DC) – CPC) – zur Herleitung sei dieser Beitrag empfohlen.

Dabei ist

  • CR: die Conversion Rate
  • SC: der Warenkorb (Shopping Cart) je Bestellung
  • DC für direkte Kosten für die Ware, Verpackung, Versand
  • CPC: die Marketingkosten je Visit.

Um den Ausdruck zu vereinfachen, wird im Weiteren der Deckungsbeitrag I (CM für Contribution Margin) je Conversion als

(3) CM I = SC – DC

berücksichtigt.

Retouren – Erlösminderer und Kostenverursacher

Führt man nun die Retouren ein, verändert sich der Bruttoertrag auf zwei Ebenen. Zum einem reduziert sich die Zahl der Bestellungen und Erlöse, zum anderen müssen zusätzlich Retourenkosten berücksichtigt werden. Zur Vereinfachung werden diese mit einem Retourenkostensatz von RC (für Return Costs) eingebaut. Die Anzahl der Retouren werden durch die Multiplikation der Conversions mit dem Gegenwert der Retourenquote RR (für Return Rate) abgebildet.

(4) GC = Visits (CR x (1 – RR) x CM I – CPC) – Visits x CR x RR x RC.

Um nun die maximale Retourenrate besimmen zu können, muss nach RR aufgelöst werden:

(5) GC = Visits x CR x CM I – Visits x CR x RR x CM I – Visits x CPC – Visits x CR x RR x RC

(6) GC – Visits x CR x CM I + Visits x CPC = – Visits x CR x RR x CM I – Visits x CR x RR x RC

(7) Visits x CR x CM I – GC – Visits x CPC = Visits x CR x RR x CM I  + Visits x CR x RR x RC

(8) CR x CM I – GC/Visits – CPC = CR x RR x CM I + CR x RR x RC

(9) CR x CM I – GC/Visits – CPC = RR (CR x CM I + CR x RC)

(10) RR* = CM I/(CM I +RC) – GC/(Visits x (CR x CM I + CR x RC)) – CPC/(CR x CM I + CR x RC)

Dieser etwas sperrig wirkende Ausdruck hat einige unmittelbare Implikationen. Einen negativen Einfluss auf die maximale Retourenrate haben steigende Gemeinkosten, denn der Spielraum für Umsatzeinbußen und Retourenkosten nimmt ab. Positiv wirken sich höhere Visits und Conversions aus, denn auch sie erhöhen den Spielraum für Retouren. Nicht unmittelbar eindeutig ist der Einfluss des Deckungsbeitrags. Auf der einen Seite erhöht ein höherer Deckungsbeitrag den Spielraum für Retouren, auf der anderen Seite entfallen ja auch Deckungsbeiträge. Einen direkt negativen, aber in der Gleichung nicht sofort erkennbaren Einfluss auf die maximale Retourenquote hat wiederum der Retourenkostensatz. Steigt dieser, werden sowohl der erste als auch der zweite Summand kleiner.

Eine Beispielrechnung

Angenommen ein kleiner Onlineshop plant mit folgenden Kennziffern für das kommende Geschäftsjahr:

CM I = 50 €
RC = 10 €
GC = 2.500.000 €
Visits = 10.000.000
CR = 0,03
CPC = 0,75 €

Daraus ergibt sich eine maximale Retourenquote von 27,7 %. Eine höhere Retourenquote würde also zu einem Verlust führen. Sinkt etwa die Conversion Rate von 3% auf 2% ist der Retourenspielraum sogar bei Null, jede einzelne Retoure würde bei dieser Konstellation zu einem Verlust führen. Der Einfluss des Retourenkostensatz ist dagegen eher gering: Halbiert sich der Retourenkostensatz von 10 € auf 5 €, steigt die maximal mögliche Retourenquote in dem Zahlenbeispiel nur auf 30%. Verdoppelt sich allerdings der Deckungsbeitrag I auf 100 € erhöht sich die maximale Retourenquote auf 60%.

Retourenvermeidung – Maßnahmen, die sich lohnen

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass Retouren und die durchschnittliche Retourenquote zentrale Erfolgs- oder besser Misserfolgsfaktoren für ein E-commerce-Unternehmen sind. Daher gehört die Retourenvermeidung zu den regelmäßigen Aufgaben von E-commerce-Managern. In diesem Beitrag zum Retourenmanagement finden Sie alle relevanten Ansätze, mit denen die Retourenquote reduziert werden kann. Ziel sollte es sein, erst garnicht in die Nähe der maximalen Retourenquote zu gelangen.

Fotos und Text: Dr. Dominik Große Holtforth