Zeitenwende in der Außenwerbung

Zeitenwende in der Außenwerbung

Binnen weniger Jahre werden digitale Plakatwände die gedruckten Varianten überflügeln. Sie vereinen sämtliche Vorzüge der Online-Werbung, einschließlich datengestütztem Targeting. Darüber hinaus bieten sie bewegte Inhalte im modernen Hochkant-Format sowie vielfältige Verknüpfungen mit anderen Medienkanälen wie Fernsehen, Audio und Mobilgeräten.

Außenwerbung
Bildquelle: onetoone.de

Während der Werbemarkt insgesamt an Schwäche leidet, verlagern Unternehmen ihre Investitionen vermehrt auf digitale Plakatwerbung. Nach Angaben von Nielsen sind im ersten Halbjahr 2023 brutto 30 Millionen Euro mehr in dieser aufstrebenden Werbegattung angefallen. Schon im vergangenen Jahr verzeichnete Digital Out-of-Home (DooH) ein Wachstum von 21 Prozent – netto, so die Berechnung des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW).

Somit fließen jährlich deutlich über 360 Millionen Euro in Werbung auf digitalen Außenwerbeflächen im öffentlichen Raum, sei es auf Straßen, an Bahnhöfen, Flughäfen, Bushaltestellen, in Bussen, U- und S-Bahnen, Arztpraxen, Apotheken, Einkaufszentren und am Point of Sale. Dies geschieht überall dort, wo Menschen im Übergangsstadium sind – sei es beim Warten, Reisen, Gehen oder Zeitvertreiben. Hier knüpft die Außenwerbung schon immer an die Emotionen der Menschen an. Selbst in den 1990er Jahren sorgten Plakatwerbungen wie die von H&M mit Anna Nicole Smith für öffentliche Debatten. Viele dieser Plakate wurden damals sogar gestohlen – eine goldene Zeit für Vermarkter.

Heutzutage kämpft die Werbebranche eher darum, überhaupt Beachtung zu finden. Aufgrund sinkender Aufmerksamkeit und der Verbreitung von Werbeblockern im Internet sowie des Massenexodus von traditionellen Medien zu neuen Online-Stars, verzeichnen die Branchenriesen TV und Print massive Umsatzverluste im Bereich der Werbevermarktung. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres haben vor allem die Fernsehsender stark gelitten. Mit einem weiteren Umsatzrückgang von 9 Prozent. Abgesehen vom Kino, das zwar hohe Zuwächse verzeichnet, aber insgesamt nur geringe Werbeinvestitionen verzeichnet, ist die Außenwerbung die einzige Werbekategorie, die derzeit Wachstum verzeichnet. Laut Prognosen von PwC und dem im letzten Jahr gegründeten Institute for Digital Out of Home Media wird sich dieser Trend in den nächsten zehn Jahren fortsetzen.

Die Umsätze im Bereich Digital Out of Home (DooH) werden voraussichtlich um das Vierfache steigen.

Dabei wird die Kluft zwischen den Einnahmen aus gedruckten Plakaten und digitalen Displays immer weiter auseinanderklaffen. Die traditionelle Plakatwerbung wird bis 2032 voraussichtlich ihren Umsatz verdoppeln, während die digitalen Plakatschirme bis dahin das Vierfache erzielen werden. Schon in vier Jahren wird DooH voraussichtlich größer sein als die herkömmliche Plakatwerbung.

Aber warum dieser Trend? Die Digitalisierung bringt alle Vorteile der Online-Werbung auch in die Welt der Außenwerbung: DooH, insbesondere programmatisch – über Server erworben – ist schnell einsatzbereit, kurzfristig buchbar und jederzeit anpassbar. Wetterbedingungen, Uhrzeit, regionale Besonderheiten, Bewegungsmuster und demografische Daten – Werbetreibende und ihre Agenturen können zeitnah auf all diese Parameter reagieren. Ein Beispiel hierfür ist Oatly: Im Sommer 2022 führte der schwedische Hersteller von Hafergetränken eine neue Produktlinie ein und bewarb seine Eissorten auf digitalen Plakatwänden an stark frequentierten Orten in Berlin. Das Besondere daran war, dass Oatly dank Geotargeting in Echtzeit auf Unterschiede bei Windgeschwindigkeiten, Luftfeuchtigkeit und Pollenflug reagieren konnte, um entsprechende Werbemotive zu erstellen und auszuliefern.

Algorithmen generieren Werbeslogans

Diese Entwicklung wurde durch die Anwendung einer Technologie namens Dynamic Creative Optimization (DCO) ermöglicht, die es einem Algorithmus während eines zweiwöchigen Kampagnenzeitraums ermöglichte, 100 verschiedene Werbemotive zu erstellen. So entstanden Texte, die sich an die beiden Zielgruppen „VeganerInnen“ und „FlexitarierInnen“ richteten. Beispielsweise „Studien zeigen, dass Menschen, die Anzeigen lesen, während sie auf der Straße gehen, auch gerne veganes Eis mögen“ oder „Hey Veganer, Vor-Veganer, Nicht-Veganer, keine Ahnung, was Veganer bedeutet – Eisliebhaber. Wir haben dies für Sie gemacht. Und das hier. Und auch das hier.“ Und schließlich: „Diese Anzeige ist perfekt, wenn Sie neugierig sind, wie die Luftfeuchtigkeit Ihr Interesse an veganem Eis beeinflussen könnte.“ Die Werbung wurde auf insgesamt 136 digitalen Bildschirmen von WallDecaux an Orten wie dem Rosenthaler Platz und weiteren Berliner Hotspots geschaltet.

Das Ergebnis: Die Kampagne führte bei den Befragten, die Kontakt mit Digital Out of Home (DooH) hatten, zu einer Steigerung der Kaufabsicht um 64 Prozent im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne DooH-Kontakt. Darüber hinaus hatte die Kampagne positive Auswirkungen auf die Markenwahrnehmung und Markenerinnerung, die bei den Befragten um 30 Prozent bzw. 44 Prozent gestiegen ist.

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Programmatisch ist Online-Werbung für andere Bildschirme bereits seit geraumer Zeit etabliert. Nun ziehen auch die großformatigen Displays im Freien nach, um von den Vorteilen der Digitalisierung zu profitieren.

Jedoch ist die Digitalisierung nur teilweise für die kontinuierlich starken Wachstumsraten verantwortlich. Qualitative Verbesserungen und zahlreiche Innovationen ergänzen die technischen Fortschritte. Ein Beispiel hierfür ist die Berliner Agentur Hygh, die 2018 gegründet wurde und beabsichtigt, das Hochformat in der Außenwerbung weitflächig einzuführen. Dank Plattformen wie TikTok und dem Trend zum Selfie sind Hochkant-Aufnahmen bereits seit einiger Zeit bei den jüngeren Generationen beliebt. Hygh nutzt diese Sehgewohnheit und bietet bewegte Bilder auf seinen derzeit 750 Bildschirmen in sechs deutschen Großstädten. Kurze Hochkant-Videos werden auf Stelen in Fußgängerzonen, in Schaufenstern, an Kassen und in Geschäften gezeigt. Dies ist einer der Trends, der die Außenwerbebranche in Bewegung versetzt und auch von großen Anbietern wie Ströer und WallDecaux an immer mehr Orten bedient wird.

Ein weiterer wesentlicher Treiber des Digital Out of Home (DooH)-Booms ist die Integration mit anderen Medien, um zusätzliche Werbemaßnahmen und letztendlich den Abschluss von Verkäufen zu fördern. Hygh setzt dabei konsequent auf die Nutzung mehrerer Touchpoints in der Customer Journey bis hin zum Point of Sale. Tizian Hosch, Head of Programmatic bei dem Berliner Außenwerber, erläutert: „Durch die Möglichkeiten des Programmatic Advertising können Kampagnen über mehrere Touchpoints und kanalübergreifend gesteuert werden, alles über eine Demand-Side-Plattform. Kunden können dies eigenständig durchführen oder es über uns als Managed Service abwickeln.“

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Derzeit arbeitet Hygh in Zusammenarbeit mit Spotify daran, Audio-Werbung an Personen auszuspielen, die zuvor an einem Digital Out of Home (DooH)-Bildschirm vorbeigegangen sind. Diese doppelte Ansprache soll sich positiv auf die Wahrnehmung der Werbebotschaft auswirken. Die Funktionsweise ist folgendermaßen: „Unsere Bildschirme dienen als Grundlage und Targeting-Grundlage für die Programmatic Audio-Verlängerung“, erklärt Hosch. „Die Standorte der Werbeträger werden über die DSP Hawk an Spotify übertragen. Spotify führt dann eine erneute Ausspielung als Audio-Werbung durch. Auf diese Weise werden die menschlichen Sinne des Sehens und Hörens in Form von zwei Kanälen zu einer äußerst effektiven Cross-Channel-Kampagne kombiniert.“ Das Ergebnis: Nach der Verlängerung der DooH-Kampagne auf Spotify waren die Werte für Werbeerinnerung und Markenbewusstsein doppelt so hoch wie bei einer reinen Plakatausspielung.

Auch das Fernsehen wird in jüngster Zeit in den Mix einbezogen. WallDecaux hat ein Produkt entwickelt, das seine digitalen Plakate mit TV-Kampagnen verknüpft. Im Juni gestartet, soll TV Boost DooH im 3. Quartal erste Ergebnisse liefern, so hofft Andreas Knorr, Leiter Marketing bei WallDecaux. Die Kombination von Plakat- und Fernsehwerbung wurde entwickelt, um Reichweitenverluste im TV programmatisch mit DooH auszugleichen. „Basis ist die Bereitstellung von Nutzungsdaten aus nationalen, linearen TV-Kampagnen auf lokaler Ebene“, so Knorr. „Bei unterdurchschnittlicher TV-Performance in einzelnen Regionen kann automatisch das Digital Out of Home-Netzwerk von WallDecaux angesteuert werden.“ Die kroatische Adtech-Firma AdScanner ist der Kooperationspartner, die täglich sekundengenau auswertet, welchen Werbedruck die ausgewählten TV-Kampagnen in der gewünschten Zielgruppe erzielen.

Den vollen Artikel von Christian Gehl finden Sie auf www.onetoone.de.

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