STUR: Die Rolle von Crowdfunding bei der Bewertung

STUR: Die Rolle von Crowdfunding bei der Bewertung

Die 4. Folge der Jubiläumsstaffel von “Die Höhle der Löwen” war nicht nur hinsichtlich der Gast-Löwen und ehemaligen Kandidaten von Ankerkraut eine Besonderheit. Auch die Gründer hatten Einiges zu bieten. So kamen die Pfannen-Entwickler von STUR mit beachtlichen Bestell-Mengen aus dem Crowdfunding daher. Doch sie scheiterten an der Bewertungs-Diskussion, denn die Löwen wollten die Crowdfunding-Einnahmen nicht mit normalen Umsätzen gleichsetzen. Grund genug sich zu fragen, warum Investoren so denken und was Crowdfunding eigentlich wert ist, wenn es um die Bewertung geht?

Crowdfunding

TVNOW / Bernd-Michael Maurer

Alle – wegen des Ankerkraut-Paares diesmal sogar sechs – Löwen lobten den tollen Auftritt und den großartigen Erfolg der Gründer Filip und Simon, denn ihre Zahlen konnten sich sehen lassen.

Die Gründer, die bereits eine beeindruckende Community rund um Pfannen aufgebaut hatten, hatten mit dieser und all ihrem angesammelten Pfannen-Wissen ihre eigene Pfanne entwickelt. Das neue Unternehmen STUR konnte nun gusseiserne Pfannen anbieten, die deutlich leichter sind als ihren Artgenossen und noch eine Reihe weiterer Vorteile für den anspruchsvollen Hobbykoch bereithalten.

Und genau mit dieser Community hatten sie dann auch eine äußerst erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne gemacht. Die 20.000 €, die sie sich als Ziel gesetzt hatten, also als Wert, für den sie Vorbestellungen generieren wollten, erreichten sie nach sagenhaften 3 Minuten. Nach einer Stunde waren es bereits 100.000 € und nach der Laufzeit von 28 Tagen waren es satte 1,25 Millionen. Im deutschsprachigen Raum sind solche Summen tatsächlich sehr selten, und nur sehr wenige waren erfolgreicher.

Auch nach der Kampagne verkauften sie noch weiter, so dass schließlich 1,7 Millionen Euro aus dem Crowdfunding zusammenkamen.

Das Angebot der Gründer belief sich auf eine Post-Money-Bewertung von 3,8 Millionen Euro, denn sie wollen 380.000 € von den Löwen, und boten diesen dafür 10%. Würde man die Crowdfunding-Summe nun als Umsatz ansehen, läge die Bewertung also ungefähr bei dem doppelten Umsatz. Man sagt auch gerne “ein Multiple von 2”. Nun kommt einem dies für ein scheinbar recht gut skalierbares Produktgeschäft nicht unbedingt überhöht vor. In der Höhle hatten wir jedenfalls schon wesentlich abgehobenere Multiple von 30 oder noch mehr.

Doch ausgerechnet Ralf Dümmel, der wohl schon circa 50 bis 60 Millionen Pfannen über seine Firma DS Produkte verkauft hat, steigt aus, weil er die Bewertung zu hoch findet dafür, dass noch nichts ausgeliefert wurde. Bei dem großen Lob, dass er voranstellt, mutet es fast ein wenig seltsam an, dass er nicht einmal versucht, zu verhandeln.

Carsten Maschmeyer erklärt es bei seiner Absage etwas genauer: Einnahmen aus dem Crowdfunding sind nicht ganz wie Umsätze zu sehen, und auch nicht wie ein Investment, sondern damit wurden eben auch Forderungen der Besteller aufgebaut. Denn diese haben nun schließlich ein Recht darauf, die bestellten Produkte auch zu bekommen. Die Gründer sind also in der Verwendung der bisher insgesamt circa 1,7 Millionen generierten Euro nicht völlig frei, dieses Geld darf einzig und allein dazu verwendet werden, die Produktion und den Versand zu ermöglichen. Zusätzlich wirkt noch ein Faktor eher abschwächend, der eigentlich für die Gründer spricht: der Erfolg mit ihrer eigenen Community. Denn dadurch, dass die Gründer das Produkt mit den Lesern ihres Blogs entwickelt haben, konnte ihr Crowdfunding erst so erfolgreich sein. Das heißt aber andersherum auch, dass dieses Potenzial nun eben schon annähernd gehoben ist. Carsten Maschmeyer drückt es so aus, dass sie die Conversion Rate, die sie mit dem Crowdfunding hatten, in Zukunft nicht mehr haben werden. Denn nun müssen sie Menschen von ihrem Produkt begeistern, die noch nicht Fans davon sind, weil sie es selbst praktisch mit entwickelt haben. Das bedeutet, dass der Prozentsatz derer, die das Produkt tatsächlich kaufen, nachdem sie darauf aufmerksam wurden, in Zukunft sinken wird. Diese niedrigere Conversion Rate von Aufmerksamkeit zu Kauf bedeutet aber nichts anderes als höhere Marketing-Kosten.

Und so kann man nicht einfach hochrechnen, dass die 7.777 Stück, die während des 28-tägigen Crowdfundings verkauft wurden, nun auch jeden weiteren Monat verkauft werden können. Oder eben nur mit wesentlich höherem Einsatz. Und so scheint es, als ob den Gründern ihr riesiger Community-Erfolg nun irgendwie ein bisschen auf die Füße fällt. Als Startup sollte man eben unbedingt bedenken, dass Vorbestellungen über eine Crowdfunding-Kampagne von Investoren zwar als wichtiger Proof of Market betrachtet werden können, aber eben nicht gleichwertig zu Umsätzen sind. Auch sind Umsätze, die über Communities und Follower-Schaften mit sehr wenig Marketing-Budget gewonnen werden von ihrer Aussagekraft eher gering gegenüber bezahltem Marketing, das praktisch schon die Form hat, die es auch für den Gesamtmarkt benötigt. Denn wenn ein solcher Funnel schon steht und nur noch größer ausgerollt werden muss, ist das Risiko für den Investor, dass es doch nicht zum berühmten Hockey-Stick kommt, wesentlich geringer. Und so würde dann wohl auch eine höhere Bewertung akzeptiert werden.

Trotzdem macht dies alles den Erfolg der Gründer nicht kleiner, nur eben die Bewertung. Und so erhielten sie auch ganze drei Angebote, wenn auch zu wesentlich niedrigeren Bewertungen. Nicht zum ersten Mal in der Höhle erlebten die Zuschauer dann einen Berater, der zum harten Verhandeln aufrief, den schließlich hab man ja hier eine Konkurrenzsituation, die man ausnutzen müsse. Doch in diesem Fall verzockten sich die Gründer, pokerten zu hoch und alle Löwen stiegen bei ihrem geringen Entgegenkommen von 12% aus, ohne weitere Angebote zu machen.

Schade, wirkte es doch irgendwie fast wie ein unwürdiges Ende für diesen spannenden Fall. Das Ende von STUR war es jedoch garantiert nicht.

 

Spannende Insights für die Beiträge lieferte uns Ruth Cremer!

Ruth Cremer ist Mathematikerin und Beraterin sowie Hochschuldozentin an der HS Fresenius im Master-Studiengang Digital Management mit den Vorlesungen Digital Entrepreneurship, Entrepreneurial Finance Management und E-Commerce. Als ehemalige Investmentmanagerin weiß sie, worauf Investoren achten und hilft auch bei der Pitch- und Dokumentenerstellung im Investitions- oder Übernahmeprozess. Bereits seit der fünften Staffel von „Die Höhle der Löwen“ ist sie als externe Beraterin an der Auswahl und Vorbereitung der Kandidaten beteiligt.

 

Ihnen hat der Artikel gefallen? Dann klicken Sie hier für weitere Beiträge und Artikel zum Thema Start-Ups und Entrepreneurship.