Was ist E-commerce?

Was ist E-commerce?

Von Prof. Dr. Dominik Große Holtforth

Was ist E-commerce ? Diese Frage stellt sich Händlern, Verbraucher, Gründern, Investoren und auch aus wissenschaftlicher Perspektive bei Wissenschaftlern und Studierenden. Die Dynamik im E-commerce – die Wachstumsraten sind nach wie vor zweistellig – macht eine detaillierte Antwort nicht einfach, denn E-commerce unterliegt einem stetigem Wandel. Eine nachhaltig geeignete Definition und Beschreibung des Phänomens „E-commerce“ beschreibt daher grundlegende Mechanismen von E-commerce-Geschäftsmodellen, die dazugehörigen Erfolgsfaktoren sowie deren wissenschaftlich-empirische Beschreibung und Analyse. Schon bei der Aufzählung der an E-commerce Interessierten, also der „stakeholder“ im E-commerce wird deutlich: E-commerce ist ein äußerst vielfältiges Phänomen.

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist E-commerce für Händler?
  2. Was heißt E-commerce für die Verbraucher?
  3. Was heißt E-commerce für Gründer
  4. Was ist E-commerce für Investoren? 
  5. Was heißt E-commerce für die Wissenschaft?
  6. Was heißt E-commerce für Nachwuchskräfte?

 

Was ist E-commerceEine hilfreiche Gegenfrage lautet: Was ist E-commerce nicht? In wesentlichen Teilen ist E-commerce nicht völlig neu, denn Versandhandel oder Distanzhandel gibt es schon seit über 100 Jahren. Erst die Verbindung zwischen Versandhandel und Internet hat die aktuelle Dynamik entfacht. E-commerce ist auch nicht deckungsgleich mit Online-Marketing, denn Online Marketing betrifft alle Vermarktungsaktivitäten im Internet.

In diesem Beitrag wird E-commerce aus der Perspektive einzelner Gruppen beschrieben, um durch den Wechsel der Perspektiven eine ganzheitliche und nachhaltige Abgrenzung des Begriffs zu erreichen. Das Nebeneinander und der Vergleich der Perspektiven ergibt für alle Gruppen Blickwinkel, die für eine Weiterentwicklung des E-commerce hilfeich sein können.

Was ist E-commerce für Händler?

Einzelhändler sind von allen Gruppen am stärksten von der dynamischen Entwicklung im E-commerce betroffen. Das sich deutlich geänderte Nutzungsverhalten der Konsumenten rückt den Online Kanal immer mehr in das Zentrum des Konsumverhaltens. Im Kern bedeutet E-commerce daher für Händler, dass die Produkt- und Markenkommunikation zunehmend und perspektivisch vollständig über digital-interaktive sowie vernetzte Plattformen erfolgt. Die Möglichkeiten der Plattformen gehen aber noch weiter: nicht nur die Kommunikation, die Produkt- und Markenwerbung erfolgt auf Online-Plattformen, sondern auch die wirtschaftliche Transaktion, also der Vertragsschluss zwischen Käufer und Verkäufer.

Die technische Spezifizierung des Mediums bestimmt vor dem Hintergrund dieser Abgrenzung die Möglichkeiten und Ausprägung von E-commerce-Angeboten einzelner Handelsunternehmen. Da sich die technologischen Grundlagen sehr dynamisch weiterentwickeln, entstehen für die Händler laufend neue Differenzierungsmöglichkeiten -aber im Wettbewerb auch Differenzierungszwänge- für ihren Onlineshop.

Differenzierungen sind also auch von Nöten, denn die Kehrseite der schönen neuen Handelswelt ist die im Vergleich zum stationären Einzelhandel erheblich intensivierte Wettbewerbssituation. Für Einzelhändler aus dem stationären Handel besteht die Herausforderung nicht nur darin, die Möglichkeiten der neuen Kommunikations- und Absatzplattform einzuschätzen und zu nutzen, sondern auch ihre veränderte Wettbewerbsposition zu bestimmen und darauf zu reagieren. Da der Wettbewerb zunimmt –sowohl um den reinen Kontakt zum Kunden als auch um die dort bestehende Nachfrage- sind regelmäßig die Überarbeitung von Geschäftsmodellen erforderlich. Dieses aber bereitet Einzelhändlern Schwierigkeiten, wenn die Innovations- und auch Investitionsstärke nicht gegeben ist.

Positiv gewendet sind aber die Chancen auf Handelsinnovationen oder neue Geschäftsmodelle für den Handel zu unterstreichen. Dann lässt sich die Frage „Was ist E-commerce“ sehr einfach beantworten – E-commerce ist Evolution!

Was heißt E-commerce für die Verbraucher

Aus der Sicht der Verbraucher ist die Transformation des Handels eher ambivalent. Wie von Gerrit Heinemann („Der neue Online -Handel„) richtigerweise betont, werden Verbraucher nur dann Angebote im E-commerce gegenüber Angeboten aus dem stationären Einzelhandel bevorzugen, wenn diese eindeutige Vorteile zu bisherigen Konsumsituationen aufweisen. Bislang lag der Schwerpunkt des Verbraucherinteresses an einem erweiterten Sortiment und in der Erwartung günstiger Preise. Auf der anderen Seite werden von den Konsumenten Risiken im Distanzhandel eingeschätzt und das fehlende Einkaufserlebnis bemängelt. E-commerce ist also aus Sicht von Verbrauchern keineswegs schon eine vollkomme Alternative zum stationären Handel.

Jedoch zeichnet sich jetzt schon ab, dass die Evolution der Geschäftsmodelle im E-commerce und die große Wettbewerbsdynamik dazu führen, dass durch Neukombinationen von Erfolgsfaktoren im E-commerce ein intensiviertes Einkaufserlebnis sowie ein verstärkter Service wahrgenommen wird. Eine pauschale Aussage zu einzelnen Trends fällt schwer, denn diese differieren stark nach Produkt- und Zielgruppen. Erfolgreich dürften aber Ansätze sein, die Schwächen des E-commerce wie eingeschränkte Wahrnehmbarkeit von Produkteigenschaften oder lange Lieferzeiten reduzieren und Stärken wie Personalisierung, umfassender Service und die Breite des Angebots ausbauen. Dann dürfte für Verbraucher gelten: E-commerce ist eine Alternative!

Was heißt E-commerce für Gründer

Nach dem Platzen der dotcomm-Blase stellte sich für viele Medien- und Internetunternehmen die Frage der Monetarisierung ihrer Onlineangebote. Allzu schnell hatte sich im Internet eine Gratisökonomie entwickelt, die zwar an Börsen große Erwartungen weckte, aber keine wirtschaftlich oder gar rentablen Geschäftsmodelle hervorbringen konnte.

Da die Monetarisierung von Online-Geschäftsangeboten durch Werbung von einer erheblichen Dominanz von Google und anderer großer Player eingeschränkt ist, wurde bei Online-Unternehmern schnell die Notwendigkeit alternative Refinanzierungen deutlich. Eine nachhaltigere Finanzierungsoption als Werbung und Nutzerentgelte bieten seit dem Geschäftsmodelle im E-commerce, bei denen bei vorhandener Nachfrage, ausreichenden Wettbewerbsvorteilen und effizienten Kostenstrukturen in planbaren Zeiträumen Profitabilität erreicht werden kann.

Geringe Markteintrittsbarrieren und Konzentrationstendenzen haben auf der anderen Seite deutlich werden lassen, dass auch Online-Shops keine Selbstläufer sind. Große Handelsunternehmen und Internetpioniere wie Amazon und Otto dominieren den Online-Handel, so dass kleinere, junge Unternehmen vor allem durch Innovationen und in Nischen erfolgreich gründen können. Wenn dieses gelingt, ist E-commerce eine echte Chance für Gründer.

Was ist E-commerce für Investoren?

Die hohe Dynamik im E-commerce macht Gründungen und Unternehmensexpansionen auch für Investoren interessant. Etablierte Versandhändler oder Handelskonzerne aber auch klassische VC-Geber bzw. Gründungs-Inkubatoren bieten da, wo ein Team mit ausreichender Expertise sowie ein überzeugendes Geschäftsmodell besteht, Risikofinanzierung an, die keine Bank leisten könnte.

Aber natürlich sind diese Finanzierungen ganz überwiegend renditeorientiert, so dass sehr schnell die Rentabilität von E-commerce-Geschäftmodellen in den Vordergrund rückt. „E-commerce lohnt sich nicht„, titelte vor einiger Zeit Internet World Business und zeigte in einer Case Study das hohe Verlustpotenzial eines Online-Händlers im Modebereich auf. Hohe Retourenquote und Dienstleisterkosten verschlingen in diesem Beispiel die ohnehin schon knappen Deckungsbeiträge.

Auch wenn diese Fallstudie bewusst mit schlechten Ergebnissen provoziert hat, ist die Realität nicht ganz von dieser Beschreibung entfernt. Hoher Wettbewerbsdruck, deutliche Preisorientierung bei den Kunden und funktionale Prozessprobleme (wie hohe Retourenquoten eben) belasten die Ergebnisse und Kennziffern. Daher sollte vor allem Kompetenz und Expertise der Macher überprüft werden, um eine Investition in ein E-commerce-Geschäft zu evaluieren. Ein erfolgreiches E-commerce-Team braucht gute Betriebswirte mit Online-Marketing-Kompetenzen, Handels- und Logistik-Know How sowie Expertise im Bereich IT und Internet. Sind diese Kompetenzbereiche gegeben, dann ist E-commerce ein gutes Geschäft.

Was heißt E-commerce für die Wissenschaft?

Der Querschnittscharakter des E-commerce ist auch für die Wissenschaftler interessant. E-commerce lässt sich aus wirtschaftswissenschaftlicher, aus medienwissenschaftlicher und aus informationstechnologischer Perspektive erschließen. Ganz neue Phänomene wie etwa „Digitale Reputation“ und „Social Commerce“ werfen neue Forschungsfragen auf. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft erwarten von der Wissenschaft Antworten bei zentralen Gestaltungsfragen des Internet. Wieviele Daten können Verbraucher abgeben? Wie können Wettbewerbsbeschränkungen im E-commerce überwacht und bekämpft werden? Wie können Produktdarstellungen und -präsentation einer echten Begutachtung im Ladenlokal immer weiter angeglichen werden. Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Antwort auf die Ausgangsfrage ganz einfach: E-commerce ist spannend!

Was heißt E-commerce für Nachwuchskräfte?

Ein so dynamischer Bereich wie E-commerce hat zwangsläufig einen großen Fachkräftebedarf. Dieser ist ebenfalls von der Neukombination von Kompetenzen geprägt, so dass das bestehende Angebot an Arbeitskräften regelmäßig nicht vollständig ausreichen dürfte, um die Nachfrage zu decken. Daher ist es unerlässlich, explizit für den Beschäftigungsbedarf von E-commerce Unternehmen auszubilden. An der Hochschule Fresenius erhalten Studierende des Studienschwerpunkts Online Management eine fundierte Ausbildung in allen wesentlichen Fragen des E-commerce und des Online Marketing. Für junge Leute gilt: E-commerce ist Zukunft.

Fragen oder Anregungen? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar – info@ecommerceinstitut.de

Foto: Copyright Goodluz@Shutterstock.com

 

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