ZDF WISO: Professor Geibel spricht über Social Commerce
Social Commerce ist längst mehr als ein Trend – es verändert die Art, wie wir einkaufen, grundlegend. Mit dem Start des TikTok Shops in Deutschland gewinnt dieses Thema nochmals an Aktualität und Dynamik. Das ZDF WISO Magazin hat die Entwicklung journalistisch aufgegriffen und mich eingeladen, die Chancen und Risiken dieser neuen Form des Einkaufens einzuordnen.
Die Verschmelzung von Social Media und E-Commerce revolutioniert das Einkaufsverhalten weltweit. Mit dem TikTok Shop wird nun ein direkter Kauf innerhalb der Plattform möglich – ohne Umwege über externe Onlineshops. Für viele Nutzer:innen bedeutet das: Man entdeckt ein Produkt beim Scrollen und kann es direkt mit wenigen Klicks erwerben.
Für die Dreharbeiten zum ZDF-Beitrag reiste ein Team um Journalist Richard Luttke nach Köln – gemeinsam mit einer Kamera-Frau und einem Ton-Ingenieur. Gedreht wurde in den Räumen der IU International University of Applied Sciences im Gerling Quartier, dem Sitz des E-Commerce Instituts Köln.

Im Interview habe ich die Entwicklung rund um den TikTok Shop aus wissenschaftlicher Sicht eingeordnet. Dabei wurde deutlich: Diese neue Form des Einkaufens bringt viele Chancen mit sich, birgt aber auch Risiken. Besonders interessant ist, dass vier zentrale Akteursgruppen von Social Commerce deutlich profitieren. Denn mit dem TikTok Shop verändert sich das Zusammenspiel von Plattformen, Anbietern, Creator:innen und Konsument:innen grundlegend.
Die Chancen:
1. Plattformen steigern ihre Attraktivität:
Integrierte Kaufmöglichkeiten sorgen dafür, dass Nutzer:innen länger auf der Plattform bleiben. Sie müssen die App nicht mehr verlassen, um ein Produkt zu kaufen. Das erhöht die sogenannte „Stickyness“ – also die Bindung an die Plattform.
2. Anbieter erschließen neue Verkaufskanäle:
Gerade kleinere Marken und Start-ups erreichen über TikTok neue Zielgruppen. Die Verbindung von Sichtbarkeit und direktem Kauf macht den Shop zu einem effektiven Vertriebskanal.
3. Influencer:innen monetarisieren ihre Reichweite:
Durch Affiliate-Modelle verdienen Creator direkt am Verkauf mit. Ihre Inhalte werden damit nicht nur unterhaltsam, sondern auch wirtschaftlich relevant. So entstehen neue Geschäftsmodelle im Social-Media-Umfeld.
4. Konsument:innen erleben einen besonders einfachen Kaufprozess:
Beim Scrollen ein Produkt entdecken, mit wenigen Klicks bestellen – das macht den Kauf intuitiv und bequem. Social Commerce passt sich dem Alltag der Nutzer:innen an und integriert sich fast unbemerkt in ihre Routine.
Die Herausforderungen:
1. Datenschutz und Transparenz:
Viele Nutzer:innen wissen nicht, wo ihre Daten landen oder wie sie weiterverwendet werden. Gerade bei internationalen Plattformen wie TikTok ist das ein sensibles Thema.
2. Kundenservice und Rückabwicklung:
Wer haftet bei Problemen? Was passiert bei verspäteter Lieferung oder fehlerhaften Produkten? Der gewohnte Kundenservice ist bei vielen Social-Commerce-Angeboten noch nicht ausgereift.
3. Kaufsucht und Impulsivität:
Ein Wisch, ein Klick – der Kauf ist getätigt. Die Hürde für Spontankäufe ist extrem niedrig. Das kann zu unüberlegtem Konsum und langfristig zu Problemen führen.
4. Überkonsum und Nachhaltigkeit:
Der schnelle Kauf macht nachhaltige Entscheidungen schwerer. Wer beim Scrollen ständig zum Konsum animiert wird, verliert leicht den Überblick über den eigenen Bedarf.
5. Schutz jüngerer Nutzer:innen:
TikTok erreicht vor allem junge Zielgruppen. Deshalb ist es wichtig, klare Regeln für Werbung, Konsumverhalten und Schutzmechanismen zu schaffen – gerade bei Minderjährigen.
Die Forschung am E-Commerce Institut sowie die Studienprojekte an der IU zeigen: Die klassische Customer Journey verändert sich grundlegend. Die Phasen von Aufmerksamkeit, Abwägung und Kauf verschmelzen zu einem einzigen Moment. Es entsteht ein spontaner „Customer Moment“, in dem alles zusammenkommt.
Oder wie ich es im Interview gesagt habe:
„Nicht der Kunde sucht das Produkt – sondern das Produkt findet den Kunden.“
Der vollständige Beitrag wird bald in der ZDF Mediathek unter dem Titel „Social Commerce und TikTok Shop“ verfügbar sein.