Emotionales Einkaufserlebnis: Wie E-Commerce seine Magie verliert

Emotionales Einkaufserlebnis: Wie E-Commerce seine Magie verliert

Online-Shopping war einmal aufregend. Früher klickte man sich neugierig durch bunte Angebote, stieß auf Unerwartetes und ließ sich inspirieren. Heute wirkt der digitale Einkauf wie ein formaler Akt – durchgetaktet, effizient, aber steril. Laut einer aktuellen Studie des Technologieunternehmens Criteo finden drei Viertel aller Konsument:innen das Online-Shopping „funktional, aber wenig unterhaltsam“. Wie konnte das passieren – und wie können Marken das emotionale Einkaufserlebnis zurückbringen?

Funktionalität statt Freude: Was die Studie von Criteo offenbart

Die im März 2025 veröffentlichte Studie „The Spark of Discovery – Reigniting The Emotion of Ecommerce“ zeigt deutlich: Online-Shopping hat für viele seinen Reiz verloren. 76 Prozent der befragten Konsument:innen empfinden es als wenig unterhaltsam. Besonders beunruhigend: Rund 29 Prozent erleben Online-Einkäufe sogar als lästige Pflicht. Statt neugieriger Entdeckungen bestimmen gezielte Suchanfragen und schnelle Checkouts den Ablauf.

Früher war das Entdecken neuer Produkte ein selbstverständlicher Teil des Shopping-Erlebnisses. Heute berichten 36 Prozent der Befragten, dass ihnen genau diese überraschenden Funde fehlen. Die Lust am Stöbern ist der reinen Zweckmäßigkeit gewichen. Für 61 Prozent steht vor allem der praktische Nutzen im Vordergrund – Inspiration und Emotion bleiben auf der Strecke. Nur 18 Prozent nutzen den Online-Handel für emotionale Anlässe wie Geburtstage oder Feste.

Emotionales Einkaufserlebnis
Bildquelle: siehe Foto

Discovery – der unterschätzte Erfolgsfaktor im E-Commerce

Die sogenannte „Discovery“, also das überraschende Entdecken neuer Produkte, spielt eine zentrale Rolle für die emotionale Bindung an Marken. Dennoch glauben 98 Prozent der befragten Markenverantwortlichen, dass ihre Strategien zur Produktentdeckung funktionieren. Die Diskrepanz zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung ist offensichtlich: Während Konsument:innen Inspiration vermissen, wiegen sich Unternehmen in falscher Sicherheit.

Das Problem liegt tiefer: Viele Marken sehen sich durch Datenschutzanforderungen gehemmt, wenn es darum geht, personalisierte Erlebnisse zu schaffen. Laut Studie gaben 79 Prozent der Unternehmen an, dass Datenschutzbedenken ihre Discovery-Strategien einschränken. Dabei wären viele Konsument:innen durchaus bereit, ihre Daten zu teilen – wenn die Bedingungen stimmen. 43 Prozent würden personalisierte Inhalte zulassen, sofern Transparenz und Vertrauen gewährleistet sind.

Personalisierung mit Feingefühl: KI als Chance, nicht als Risiko

Einen möglichen Ausweg bietet der Einsatz künstlicher Intelligenz. 83 Prozent der befragten Marken setzen bereits auf KI-gestützte Tools, um Einkaufserlebnisse zu personalisieren. Doch die Technologie allein reicht nicht aus. Erfolgreiche Discovery bedeutet, Daten intelligent mit emotionalem Storytelling zu kombinieren. Es geht darum, den „perfekten Fund“ intuitiv und ansprechend zu präsentieren – und damit das Gefühl von Zufall und Begeisterung zurückzubringen.

Wenn personalisierte Empfehlungen nicht mehr wie Algorithmen wirken, sondern wie kuratierte Inspiration, entsteht ein Einkaufserlebnis, das wieder Freude bereitet. Gerade hier kann sich E-Commerce von seiner funktionalen Monotonie lösen und sich als emotional relevanter Kanal neu positionieren.

Handlungsspielraum für Marken: Inspiration statt Reizüberflutung

Was folgt aus all dem? Marken müssen umdenken. Es reicht nicht, Produkte sichtbar zu machen – sie müssen erlebbar werden. Der Fokus sollte wieder stärker auf visuellem Storytelling, thematischen Kollektionen und inspirierenden Interfaces liegen. Statt standardisierter Produktlisten braucht es digitale Räume, die zum Verweilen, Entdecken und Staunen einladen. Die Voraussetzungen sind da – nur das Mindset vieler Marken muss sich wandeln.

Ein durchdachtes Zusammenspiel von Technik, Design und Nutzerzentrierung kann das Einkaufserlebnis grundlegend verändern. Wer es schafft, Online-Shopping wieder spannend zu machen, wird nicht nur neue Kund:innen gewinnen, sondern auch langfristige Loyalität aufbauen.

Fazit: Der Weg zurück zum emotionalen Einkaufserlebnis

Der Online-Handel steht an einem Wendepunkt. Effizienz ist nicht mehr genug – Konsument:innen wünschen sich Inspiration, Überraschung und echte Emotionen. Die Studie von Criteo liefert eindrückliche Hinweise darauf, wo es hakt – aber auch, wo Chancen liegen. Wer jetzt investiert – in Discovery, Personalisierung mit Fingerspitzengefühl und transparente Datennutzung – kann sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil sichern.

Über den Autor der Studie

Die hier vorgestellten Erkenntnisse stammen aus der internationalen Studie „The Spark of Discovery“ von Dominik Grollmann, einem renommierten E-Commerce-Analysten und Autor bei neuhandeln.de. Für die Studie wurden 6.000 Konsument:innen und 600 Markenentscheider:innen in Märkten wie Deutschland, den USA, Frankreich, Großbritannien, Japan und Südkorea befragt. Grollmann beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Entwicklungen im digitalen Handel und gilt als Stimme für innovative Customer-Experience-Strategien im deutschsprachigen Raum.

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