Digital Customer Engagement – Das „diCE-Modell“
E-Commerce Institut (HS Fresenius) und ORT Medienverbund kooperieren.
Corona-bedingt verändern sich typische Vertriebsmuster, Unternehmen verlieren die persönliche Nähe zu ihren Kunden. Das Ersetzen herkömmlicher Vertriebsaktivitäten durch neue digitale Konzepte alleine reicht nicht aus. ORT (Agentur-Gruppe für Sales und Marketing) und das E-Commerce Institut von der Hochschule Fresenius haben sich zur Aufgabe gemacht ein neuartiges und wissenschaftlich geprüftes Vertriebs-Modell zu entwickeln, dass Kundennähe durch ein dauerhaftes, relevantes und integriertes Customer Engagement entlang der Customer Journey erreicht, um auch künftig den maximalen Vertriebserfolg sicherzustellen.
Auf dieser Seite können Sie ab sofort die Fortschritte und Ergebnisse der Kooperation verfolgen.
Das diCE-Modell:
Erfolgreicher Vertrieb in Zeiten von Corona und danach
Problemstellung und Herleitung
“(…) COVID-19 has pushed companies over the technology tipping point—and transformed business forever“ (McKinsey Company 2020a, n.p.).
Vieles ist nicht mehr so, wie es vor COVID-19 war. Kunden-Veranstaltungen oder Messen finden nicht mehr statt, Restaurantbesuche sind verboten, persönliche Kontakte sind eingeschränkt, Schulen sind geschlossen, Büros sind leer. Viele Menschen erkrankten, und das Gesundheitssystem stößt an seine Kapazitätsgrenzen. Die COVID-19-Pandemie zwingt die gesamte Bevölkerung zu Veränderungen (Zeuge, Weigel, Niehaves, Oschinsky & Schlechtinger 2020). Darüber hinaus hat die Pandemie den Einsatz und die Akzeptanz digitaler Technologien deutlich verstärkt und beschleunigt. Die gesamte Weltbevölkerung wurde mit einer unvorhersehbaren Situation konfrontiert und musste ihr tägliches Leben unmittelbar anpassen. Dies hatte auch erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitswelt und transformierte die Art und Weise, wie Unternehmen in allen Branchen und Regionen ihr Geschäft abwickeln (McKinsey & Company 2020a). Viele digitale Projekte wurden initiiert, gestartet und umgesetzt. Die digitale Akzeptanz bei Verbrauchern und Unternehmen ist innerhalb von etwa zwei Monaten um fünf Jahre nach vorne gesprungen (McKinsey & Company 2020b).
Auch im Bereich des Vertriebs wurde aufgrund der COVID-19-Pandemie eine enorme digitale Transformation bei B2B-Einkäufern und B2B-Verkäufern erforderlich (McKinsey & Company 2020c). Während des Lockdowns waren Außendienstbesuche oder persönliche Treffen mit Kunden kaum und nur sehr eingeschränkt möglich (Kober 2020), d.h. Unternehmen verlieren die persönliche Nähe zu ihren Kunden. Doch was zunächst als Krisenreaktion begonnen hatte, ist nun zur neuen Normalität geworden, mit erheblichen Auswirkungen auf die zukünftige Geschäftsabwicklung von Käufern und Verkäufern (McKinsey & Company 2020c). “For B2B sales, digital is the wave of the future” (McKinsey & Company 2020c, n.p.).
Denn das Thema der beschleunigten digitalen Transformation gewinnt in dieser Branche zunehmend an Bedeutung und zukünftig wird der Vertriebserfolg noch stärker als bisher von einer erfolgreichen Digitalisierung abhängen (Kober 2020). Während COVID-19 haben sich neue Möglichkeiten für den Einsatz virtueller Tools im B2B-Vertrieb ergeben, die es den Unternehmen ermöglichten, ihre Geschäftskontinuität zu wahren. Immer mehr Interaktionen mit Kunden oder Partnern sind inzwischen virtuell. Diese rasante, branchenweite Umstellung auf „digital-first“ hat damit zu einem deutlichen Anstieg der Technologie-Affinität von B2B-Vertriebsteams geführt. Die globale Pandemie hat bei vielen Unternehmen die bisherigen Vertriebsabläufe beeinträchtigt. Doch dank neuer Technologien erholen sich viele Unternehmen von der Krise und finden ihren Weg zurück (Accenture 2020). Eine aktuelle Studie von McKinsey & Company zeigt, dass seit dem letzten Jahr die Face-to-Face-Interaktionen im traditionellen B2B-Vertrieb um 52 % zurückgegangen sind. Dafür gab es einen deutlichen Zuwachs an digitalen Interaktionen. Digitale Angebote wie Video-Konferenzen haben um 41 % und Online-Chats um 23 % zugenommen (McKinsey & Company 2020c).
Aber nicht nur die Workflows haben sich geändert, sondern auch die Einstellung der Mitarbeiter. Die meisten B2B-Aktivitäten haben sich auf virtuell und digital verlagert. Und auch im Vertrieb wird sich diese Einstellung nach der COVID-19-Pandemie nicht wieder vollständig zurück entwickeln, sondern das Geschäft langfristig beeinflussen (McKinsey & Company 2020c). „Mehr als drei Viertel der Käufer und Verkäufer geben an, dass sie heute digitale Self-Services und den Kontakt mit Mitarbeitern aus der Ferne gegenüber Face-to-Face-Interaktionen bevorzugen“ (McKinsey & Company 2020c, S. 2). Statt sich als Reaktion auf die weit verbreiteten Shutdowns in der Anfangsphase von COVID-19 zur Digitalisierung gezwungen zu sehen, sind B2B-Verkaufsleiter zunehmend davon überzeugt, dass ihr Geschäft digital wird. Nur etwa 20 % der B2B-Einkäufer hoffen, dass die Prozesse wieder wie vor der Pandemie „Face-to-Face“ ablaufen werden, selbst in Branchen, in denen bisher klassische Außendienstmodelle dominierten. Insbesondere im Bereich der Bestellung und Nachbestellung verschiebt sich die Interaktion hin zur digitalen Kommunikation (McKinsey & Company 2020c).
Doch nicht nur die globale Pandemie beschleunigt die digitale Transformation, auch der Generationswechsel der B2B-Käufer hat einen erheblichen Einfluss auf den Wandel. Eine Studie von Google und Millward Brown Digital zeigte, dass fast die Hälfte der B2B-Käufer heute Millennials sind (Think with Google 2015).
Diese Generation ist digital, online-affin und mobil. Sie sind auf sozialen Plattformen wie LinkedIn und YouTube aktiv, wo sie Informationen online aufnehmen. Dort werden neben Whitepapers oder Hochglanzbroschüren vor allem Videos konsumiert. Darüber hinaus erwarten sie schnelle Antworten und eine hohe Verfügbarkeit von Services und Informationen. Der persönliche Kontakt ist daher weniger gefragt. Der Fokus liegt auf einer schnellen und unkomplizierten Abwicklung des Kaufprozesses (Think with Google 2015). Dieser Wandel führt zu neuen Entscheidungsketten. Für diese Generation hat sich das Internet als Recherche-Quelle im Bereich Vertrieb längst etabliert. Es ist meist der erste Touchpoint in der Customer Journey. Aus diesem Grund wird es immer wichtiger, die vom Buying Center benötigten Informationen in Echtzeit und ohne Hürden bereitzustellen (Hahn 2020).
Staatlich verordnete Schutzmaßnahmen und soziale Distanzierungsvorschriften auf der ganzen Welt haben Unternehmen dazu gezwungen, den Außendienst auf absehbare Zeit in die Unternehmen zu verlagern. Doch auch zukünftig werden viele dieser Prozesse freiwillig beibehalten werden. Diese Verschiebung wirft viele Fragen auf: Wie geht es weiter? Wie kann der Vertrieb in diesen neuen und dramatisch veränderten Zeiten überleben und sogar gedeihen? Wie können Unternehmen die Effektivität ihrer virtuellen Vertriebsteams steigern?
Die aktuellen Veränderungen konfrontieren den Vertrieb nicht nur mit neuen Kundenanforderungen sowie vielfältigen Chancen und Herausforderungen der digitalen Transformation, sondern auch mit diversen neuen Möglichkeiten, den Vertrieb durch digitale Module zu unterstützen und zu beschleunigen. Der Moment für eine Neuerfindung von Geschäftsmodellen und die Integration der Wertschöpfung von Unternehmen in eine neue gesellschaftliche Landschaft ist damit jetzt gekommen.
Der Lösungsansatz lautet daher: die Sales Journey muss komplett neu definiert werden. In diesem Prozess werden neue Moments of Truth aufgedeckt und die Vertriebsansätze verändert, um einen Anstieg bzgl. Komfort und Transparenz in allen Kundeninteraktionen zu bieten (Accenture 2020).
Vor diesem Hintergrund entwickelt das E-Commerce Institut der Hochschule Fresenius zusammen mit der Agentur-Gruppe für Sales und Marketing ORT einen neuartigen integrierten Ansatz, um für die Unternehmen bei radikal veränderten Rahmenbedingungen eine geeignete Lösung zu bieten. Dieser Lösungsansatz beinhaltet eine umfassende digitale Unterstützung aller Customer Touchpoints im Rahmen der Customer Journey und wird als „diCE-Model: Digital Customer Engagement Model“ bezeichnet. Im Wesentlichen werden dabei die bisherigen bewährten Formen der Face-to-Face Kommunikation im Rahmen der Kunden-Interaktion um entsprechend integrierte, digitale Module und Unterstützungsansätze ergänzt und erweitert. Auf diese Weise wird ein dauerhaft relevantes Customer Engagement erreicht, das auch zukünftig einen möglichst großen Vertriebserfolg erlaubt.
Die neusten Erkenntnisse: Stand August 2021
Im Rahmen des englischsprachigen Masterstudiengangs Digital Management der Hochschule Fresenius in Köln, wurden im letzten Semester zwei Masterarbeiten und eine dreimonatige Case Study zu diesem Thema durchgeführt. Im Folgenden werden ein paar interessante Erkenntnisse der Studierenden vorgestellt, welche die aktuelle Relevanz des Themas deutlich unterstreichen. Lesen Sie dazu auch gerne den bereits veröffentlichten Beitrag zu einer dieser Masterarbeiten mit dem Titel „Integrated Digital Sales Platform for the Solution of Customer Needs“ (Link einfügen).
Digitaler Vertrieb im B2B nimmt zu
Insbesondere die COVID-19-Pandemie im vergangenen Jahr hat diese Entwicklung unterstrichen. Durch abrupte Veränderungen wurden die digitalen Verkäufe in hohem Maße beschleunigt. Im Durchschnitt sind die digitalen Angebote in nur wenigen Monaten um sieben Jahre nach vorne gesprungen. Infolgedessen wurde innerhalb des letzten Jahres ein starkes Bewusstsein für die Chancen der Digitalisierung bei der Bevölkerung geschaffen. Vertriebsmitarbeiter haben erkannt, dass digitale Arbeitsweisen gut funktionieren und viele Vorteile mit sich bringen. In Zukunft werden Unternehmen verstärkt von den vielen Vorteilen profitieren wollen, die sie im letzten Jahr durch digitale Arbeitsmethoden erfahren haben.
In Zukunft ausschlaggebende Themen für den Erfolg von B2B-E-Commerce, insbesondere von Marktplätzen (ibi research 2019, o. S.)
Der Generationswechsel zeichnet sich ab
Mehr als die Hälfte der Menschen, die im B2B-Einkauf tätig sind, gehören bereits zur Generation der Digital Natives. Diese technologieaffine Generation zeichnet sich dadurch aus, dass sie das Internet sowie die digitale Kommunikation bevorzugt nutzt. Sie sind mit digitalen Anwendungen aufgewachsen und sehen deren Präsenz und Nutzung als selbstverständlich an. Damit rückt auch im Vertrieb der Faktor Digital in den Mittelpunkt.
Persona eines typischen B2B-Käufers
Interessen der B2B Kunden
Im Einkauf tätige Personen haben eine zunehmende Präferenz für digitale Anwendungen. Es gibt einige Phasen im Kaufprozess, in denen der digitale Verkauf sehr viel erwünschter ist als der traditionelle Verkauf. Vor allem die Suche nach Informationen findet weitgehend online statt. In diesem Zusammenhang bevorzugen die Kunden den Self-Service, um sich im Voraus zu informieren und Angebote zu vergleichen. Dabei legen sie besonderen Wert auf Schnelligkeit, Qualität und Transparenz. Des Weiteren legen Kunden steigenden Wert darauf, zeit- und ortsunabhängig zu agieren. Sie präferieren es, direkt auf Informationen, Inhalte, Kundenservice, oder Einkaufsmöglichkeiten zugreifen zu können. Vor allem bei Nachkäufen, Cross- und Upselling wird dies bevorzugt.
Kunden informieren sich zunehmend alleine (Barsch 2019 , p. 2).
Eine digitale Vertriebsplattform kann Kunden ein Omnichannel-Erlebnis bieten
Eine digitale Vertriebsplattform ist in der Lage die Customer Journey zu unterstützen. Verschiedenen Berührungspunkte können in einer Anwendung kombiniert werden und die Kunden können eine einheitliche Verkaufspräsenz des Unternehmens vorfinden. So wird es Kunden ermöglicht, eigenständig von einer digitalen Anwendung aus auf alle Kanäle, Informationen oder Veranstaltungen zugreifen. Sie sind in der Lage, nahtlos von einem kundenspezifischen Touchpoint zum anderen zu wechseln, ohne dass sich ihr Kundenerlebnis ändert.
Grenzen des digitalen Vertriebs
Der persönliche Kontakt, das persönliche Zusammentreffen, wird auch in Zukunft wesentlich für den Verkaufserfolg sein. Vor allem im B2B-Bereich, bei erklärungsbedürftigen Produkten, Systemen, Geräten und Dienstleistungen oder wenn es um hohe Geldbeträge geht, wird der persönliche Kontakt weiterhin relevant sein. Hier wird man weiterhin Vertrauen aufbauen, Beziehungen pflegen und persönlich verhandeln wollen.
Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse
- Die COVID-19-Pandemie hat das Leben nachhaltig verändert und die Auswirkungen der Digitalisierung deutlich beschleunigt
- Der digitale Vertrieb wird auch im B2B-Sektor eine große Rolle spielen
- Eine digitale Vertriebsplattform unterstützt die Customer Journey
- Eine digitale B2B Vertriebsplattform sollte individuell auf die jeweiligen Kunden abgestimmt werden
Literaturverzeichnis
Accenture, 2020 The New World of B2B Sales – React, Adapt, Rise, viewed 18 March 2021, from https://www.accenture.com/_acnmedia/PDF-126/Accenture-The-New-World-of-B2B-Sales-1.pdf.
Barsch, T., Stand der Digitalisierung im B2B-Neukundenvertrieb: Entwicklung von Beurteilungskriterien und Erstellung eines Reifegradmodells, Springer Gabler, Wiesbaden.
Hahn, T., 2020, ‘Kunden verstehen – Impulse setzen’, eCOM MAG E-Commerce und digitaler Wandel, No. 4, 2020, p. 23.
McKinsey & Company, 2020a, How COVID-19 has pushed companies over the technology tipping point—and transformed business forever, viewed 29 February 2021, from https://www.mckinsey.com/business-functions/strategy-and-corporate-finance/our-insights/how-covid-19-has-pushed-companies-over-the-technology-tipping-point-and-transformed-business-forever.
McKinsey & Company, 2020b, The COVID-19 recovery will be digital: A plan for the first 90 days, viewed 06 March, 2020 from https://www.mckinsey.com/business-functions/mckinsey-digital/our-insights/the-covid-19-recovery-will-be-digital-a-plan-for-the-first-90-days.
McKinsey & Company, 2020c, These eight charts show how COVID-19 has changed B2B sales forever – New analysis makes it clear: For B2B sales, digital is the wave of the future, viewed 06 March 2020, from https://www.mckinsey.com/%7E/media/McKinsey/Business%20Functions/Marketing%20and%20Sales/Our%20Insights/These%20eight%20charts%20show%20how%20COVID%2019%20has%20changed%20B2B%20sales%20forever/These-eight-charts-show-how-COVID-19-has-changed-B2B-sales-forever.pdf?shouldIndex=false%20%20%20%20%20%20Why?
ibi research, 2020, Welche Themen sehen Sie in Zukunft ausschlaggebend für den Erfolg von B2B-E-Commerce, insbesondere von Marktplätzen? Viewed 05 July 2021, from https://de.statista.com/statistik/studie/id/67069/dokument/b2b-e-commerce-in-deutschland.
Think with Google, 2015, The Changing Face of B2B Marketing, viewed 14 March 2021, from https://www.thinkwithgoogle.com/consumer-insights/consumer-trends/the-changing-face-b2b-marketing/.
Zeuge, A., Weigel, A., Niehaves, B., Oschinsky, F. & Schlechtinger, M., 2020, Leading Virtual Teams – A Literature Review, viewed 25 February 2021, from https://www.researchgate.net/publication/343473371_Leading_Virtual_Teams_-A_Literature_Review.
Autorinnen: Antonia Biel und Simone Schreiner vom E-Commerce Institut.
Weitere beteiligte Personen:
Prof. Dr. Richard C. Geibel (Studiedekan des Masterstudiengangs Digital Management an der Hochschule Fresenius).
Robin Kracht (Referatsleiter Digitale Transformation am ECI, Dozent für Online-Marketing und Doktorand).
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