Kölner Studenten im Campus-Dorf der Mega-City
Die Fresenius Hochschule hat einen Kooperationsvertrag mit der Shanghai University unterzeichnet. Acht Kölner Studenten durften sich die Uni der Metropole anschauen.
25 Millionen Einwohner, 3000 Hochhäuser und der schnellste Zug der Welt, ein Transrapid. Schanghai ist eine Stadt der Superlative. Zehn Tage lang hatten acht Studenten der Fresenius Hochschule Zeit, Asiens Groß-Metropole im Rahmen einer Exkursion kennenzulernen. Unter der Leitung von Studiendekan und Leiter des Master-Studiengangs Media Management & Entrepreneurship, Richard C. Geibel, flanierten sie über die Hafenpromenade, auf der fliegende Händler Uhren, Spielzeug und Postkarten verkaufen, kletterten auf den 468 Meter hohen Oriental Pearl Tower hinauf, der nachts mit rosafarbenen Kugeln beleuchtet wird, und waren zu Gast bei einer traditionellen Teezeremonie.
Im Mittelpunkt der Exkursion stand freilich ein Besuch der Shanghai University, die manchen Experten zufolge zu den besten Hochschulen der Welt gehört. Viele der 38 000 Studenten kommen aus den chinesischen Provinzen und wohnen, weil sie sich die teuren Appartements in Schanghai nicht leisten können, in Studentenwohnheimen direkt am Campus, erzählt Studentin Kathinka Telesio. Dort ist mittlerweile eine richtige Kleinstadt mit Cafés, Einkaufsgeschäften und Kiosken entstanden. Die Seminare, die die deutschen Studenten besuchten, hatten allerdings nichts von einer Massenuni. Präsentiert wurden ihnen Kurse, in denen maximal 30 angehende Akademiker von einem Professor unterrichtet wurden. „Es war im Seminar unglaublich leise“, erinnert sich Telesio, weil es unter chinesischen Studenten als unhöflich gelte, laut in Gegenwart eines Dozenten zu sein.
Besuch bei Volkswagen
Auf dem Stundenplan der deutschen Studenten standen nicht nur Vorlesungen wie „Geschäftskultur in China“, „China im wirtschaftlichen Wandel“ und „Industrie-Logistik“, sondern auch Besuche in Unternehmen. Bei Volkswagen Shanghai konnten die Hochschüler zusehen, wie ein VW Tiguan zusammengebaut wird, bei der chinesischen Shanghai Tunneling Engineering Company, wie man große Schächte etwa für die U-Bahn in Schanghai baut. Der Konzern hat schätzungsweise 90 Prozent aller Tunnel in der Stadt gegraben.
Exkursionsleiter Geibel ist fasziniert von der Flexibilität der Chinesen. „Sie haben eine unglaubliche Innovationsbereitschaft“, sagt er. „Wofür wir 15 Jahre brauchen, das geschieht in China in einem.“
So viel Innovationskraft ist vermutlich auch dringend nötig in einer Stadt, die in den vergangenen Jahren die Infrastruktur für acht Millionen zusätzliche Einwohner schaffen musste. In der riesige Müllberge entstehen und der Smog den Einwohnern das Atmen schwer macht. In der Wanderarbeiter auf die mondäne Mittelschicht treffen und die Kluft zwischen Arm und Reich groß ist. Die Kölner Studenten haben dennoch die Mega-Stadt in guter Erinnerung behalten: Kein Chaos in der U-Bahn, wenig Staus auf den Straßen, kaum sichtbare Armut.
„Von dem, was wir vor Ort sehen konnten, war fast alles gut organisiert“, sagt Charlotte Lennardt, die an der Fresenius Hochschule Stadtplanung studiert. Irritiert waren die deutschen Studenten allenfalls von den zahlreichen Chinesen, die sie unbedingt fotografieren wollten. „Offenbar sind europäische Touristen eine Attraktion in Schanghai.“ Künftig will die Fresenius Hochschule enger mit der Shanghai University zusammenarbeiten. Beim Besuch in der chinesischen Metropole hat Dozent Geibel einen Kooperationsvertrag unterschrieben. Damit wird es möglich, dass Kölner Dozenten künftig in Schanghai und chinesische Professoren an der Fresenius Hochschule unterrichten werden. „Wir brauchen dringend mehr Vielfalt“, sagt Geibel. In einer globalisierten Welt könne man die Dinge nicht nur aus einer deutschen Sicht betrachten.
Artikel: Kölner Stadt Anzeiger 21.06.2015
Autor: Dirk Riße