Super-Apps schicken sich an, bislang separate Funktionen in einer Anwendung zu bündeln. Das ist für den Verbraucher bequem und für den Anbieter lukrativ – warum und wie das den Markt verändert.
Im asiatischen Raum sind sogenannte „Super-Apps“ eine feste Größe, langsam etabliert sich dieser Trend nun auch in Europa. Hinter der etwas schwammigen Bezeichnung stecken martphone-Anwendungen, die sich nicht auf ein mehr oder weniger klar abgegrenztes Funktionsset beschränken wollen („Single Purpose App“), sondern ein eigenes Universum abbilden. Der Charakter einer Super-App lässt sich dadurch beschreiben, dass NutzerInnen über eine Vielzahl von Funktionen und Leistungen sehr viele Bedürfnisse aus mehreren Lebensbereichen auf dem Smartphone managen können – einfach und komfortabel, ohne die Umgebung und die App verlassen zu müssen.
Beispiele für Super-Apps
Zumindest dem Namen nach sind die chinesischen Apps WeChat (Tencent) oder Alipay (Alibaba-Group) auch in Deutschland bekannte Beispiele für solche Super-Apps. WeChat war ursprünglich als Messenger konzipiert, inzwischen lässt sich jedoch das halbe Leben damit organisieren. Mit der App kann man kommunizieren, spielen, shoppen, bezahlen und vieles mehr.
Auch AliPay hat sich von einer Bezahllösung zu einer Anwendung gemausert, mit der sich nicht nur alle finanziellen Aspekte des Lebens organisieren lassen, sondern auch einkaufen, Hotels vergleichen, den Tisch im Restaurant reservieren oder das Taxi bestellen kann.
In Deutschland hat WhatsApp bereits einige Züge einer Super-App angenommen. Nicht wenige nutzen sie als Quasi-Standard für Kommunikation und tätigen auch Anrufe mit WhatsApp, obwohl ihr Smartphone selbstverständlich ebenfalls über eine Telefonfunktion verfügt. Oft ist die Telefonfunktion des Handys eben bequemer zu erreichen oder die Gebühren gar billiger.
Erste europäische Super-App startet
In die Vollen will nun der Anbieter Klarna gehen. Das erfolgreiche Fintech-Startup soll sich in den kommenden Monaten zur „Super-Shopping-App“ entwickeln. Das Konzept: Der gesamte Verkaufsprozess soll in einer einzigen App abgewickelt werden. Klarna bietet Traffic und Werbemöglichkeit, ist Marktplatz, Finanz- und Transaktionstreuhänder, sorgt für Logistikzentrale und Kundensupport.
Für die KundInnen will das 50-Milliarden-Euro StartUp damit zur zentralen Shopping-Schnittstelle werden. Ein Login genügt – und vom Ratenkaufantrag bis zur Gutschrift nach der Rücksendung wickelt Klarna den gesamten Prozess so reibungslos ab, dass der Kunde bzw. die Kundin gar kein Interesse mehr hat, sich nacheinander in Shopsysteme, Paypal-Accounts, E-Mail-Postfächer, Tracking-Apps und Online-Banking-Systeme einzuloggen.
Was für VerbraucherInnen durchaus verlockend klingt, freut viele Shopbetreiber weniger. Insbesondere große Händler fürchten, dass sich ein neuer Gatekeeper zwischen sie und den Kunden oder die Kundin schiebt. Bedeutet: Es entsteht eine neue Abhängigkeit und weitere Kosten. Kleinere Händler können einem neuen Player dagegen durchaus etwas abgewinnen. Sie sind ohnehin auf Markplatz-, Werbe- und Payment-Partner angewiesen, haben ihr Geschäftsmodell darauf abgestellt und freuen sich über jede Marktbelebung und Amazon-Alternative.
Ein Angriff auf die Big Five
Am stärksten unter Druck geraten aber sicherlich die großen US-Tech-Giganten. Denn: Egal ob Klarna mit seiner konkreten Umsetzung Erfolg haben wird oder nicht – allein der Ansatz beweist, dass Amazon, Apple, Facebook, Google und PayPal eine Lücke in ihren sorgsam gehüteten Ökosystemen lassen, in der ein gewiefter Konkurrent eindringen kann.
Wer die Funktionen einer App clever entlang den Erfordernissen eines bestimmten Lebensbereichs anordnet und diesen Prozess optimiert, kann durchaus einen eigenständigen Kosmos bilden. Ein Konzept, das sich wiederholen lässt: Etwa bei Reisen, Mobilität, Gesundheit, Finanzen oder Kommunikation.
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