Der Onlinehandel steht vor der nächsten großen Entwicklungsstufe: Agentic Commerce. Während E-Commerce bislang davon lebte, dass Menschen Produkte suchen, vergleichen und kaufen, übernehmen künftig autonome KI-Agenten genau diese Aufgaben. Sie handeln im Auftrag der Kund:innen, interpretieren Präferenzen, treffen Entscheidungen und lösen Transaktionen selbstständig aus. Was zunächst futuristisch klingt, entwickelt sich rasant zu einem realen Szenario – mit tiefgreifenden Folgen für Shops, Marktplätze und Marken.
Der Ansatz des Agentic Commerce markiert damit nicht nur eine technologische Innovation, sondern einen Paradigmenwechsel im digitalen Handel: Der eigentliche „Kunde“ ist immer häufiger eine KI.
Was bedeutet Agentic Commerce konkret?
Agentic Commerce beschreibt ein E-Commerce-Modell, in dem KI-Agenten autonom agieren, statt lediglich unterstützend tätig zu sein. Im Gegensatz zu klassischen Chatbots oder Empfehlungssystemen führen diese Agenten komplette Prozesse selbst aus: von der Bedarfserkennung über Produktauswahl und Preisvergleich bis hin zur Bestellung und Bezahlung.
Nutzer:innen formulieren dabei lediglich ein Ziel oder eine Präferenz – etwa „Ich brauche nachhaltige Laufschuhe unter 150 Euro“ – und der Agent erledigt den Rest. Für Händler bedeutet das: Der Kaufprozess wird dialogbasiert, automatisiert und stark datengetrieben.
Warum Agentic Commerce den E-Commerce neu definiert
Mit Agentic Commerce verschiebt sich der Fokus des Onlinehandels grundlegend. Klassische Touchpoints wie Startseiten, Kategorieseiten oder Suchfilter verlieren an Bedeutung. Stattdessen wird entscheidend, wie gut Produkte von Maschinen verstanden, bewertet und empfohlen werden können.
Das verändert zentrale Prinzipien des digitalen Handels:
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Sichtbarkeit entsteht nicht mehr nur durch SEO und Ads, sondern durch strukturierte, maschinenlesbare Produktdaten
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Kaufentscheidungen werden zunehmend algorithmisch vorbereitet oder getroffen
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Die Customer Journey wird kürzer, effizienter – und oft unsichtbar für Händler
Agentic Commerce bedeutet damit auch: Wer für Menschen optimiert, reicht künftig nicht mehr aus. Shops müssen für KI-Agenten optimiert werden.
Chancen für Händler und Marken
Für E-Commerce-Akteure eröffnet Agentic Commerce erhebliche Potenziale. KI-Agenten können extrem personalisierte Kaufentscheidungen treffen, da sie Präferenzen, Budgets, Nutzungshistorien und Kontextdaten berücksichtigen. Das steigert Relevanz und Conversion deutlich.
Weitere Chancen:
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Effizienzgewinne durch automatisierte Beratung, Auswahl und Wiederbestellungen
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Neue Vertriebskanäle, etwa über KI-Assistenten, Sprachsysteme oder Messenger
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Höhere Kundenbindung, da Agenten langfristig lernen und optimieren
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Skalierbarkeit, da menschliche Interaktion nicht mehr der limitierende Faktor ist
Gerade im B2B-Commerce oder bei erklärungsbedürftigen Produkten kann Agentic Commerce Prozesse massiv vereinfachen.
Risiken und Herausforderungen im Agentic Commerce
Gleichzeitig bringt Agentic Commerce neue Risiken mit sich. Eine der größten Herausforderungen ist der Verlust direkter Markenbeziehungen. Wenn KI-Agenten Kaufentscheidungen treffen, geraten Marken in Gefahr, austauschbar zu werden – insbesondere dann, wenn Preis und Verfügbarkeit dominieren.
Weitere Herausforderungen:
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Abhängigkeit von Plattformen und KI-Ökosystemen
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Hohe Anforderungen an Datenqualität und Schnittstellen
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Vertrauensfragen: Wer kontrolliert die Entscheidungen der KI?
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Regulatorische Aspekte, insbesondere Datenschutz und Haftung
Unternehmen müssen daher frühzeitig Strategien entwickeln, um Sichtbarkeit, Vertrauen und Differenzierung auch im agentenbasierten Handel sicherzustellen.
Praktische Schlüsse für E-Commerce-Interessierte
Für Händler, Marken und Plattformbetreiber lassen sich aus dem Konzept des Agentic Commerce konkrete Handlungsempfehlungen ableiten:
Erstens: Produktdaten professionalisieren. Strukturierte, konsistente und aktuelle Daten sind die Grundlage für jede KI-basierte Kaufentscheidung.
Zweitens: APIs und Systeme öffnen. Agentic Commerce funktioniert nur, wenn Systeme miteinander kommunizieren können – von Warenwirtschaft über Payment bis Logistik.
Drittens: Customer Journey neu denken. Die Zielgruppe ist nicht mehr nur der Mensch, sondern auch dessen KI-Agent.
Viertens: Vertrauen sichtbar machen. Bewertungen, Nachhaltigkeitsinformationen, Lieferbedingungen und Servicequalität müssen maschinenlesbar verfügbar sein.
Fünftens: früh experimentieren. Pilotprojekte mit KI-Agenten oder Partnerschaften mit AI-Plattformen können entscheidende Wettbewerbsvorteile schaffen.
Outro: Ein neuer Akteur im digitalen Handel
Dieser Beitrag basiert auf aktuellen Analysen und Präsentationen zum Thema Agentic Commerce und zeigt, wie stark autonome KI-Agenten den E-Commerce verändern werden. Für Unternehmen bedeutet das: Wer heute beginnt, Strukturen, Daten und Prozesse auf diese neue Realität auszurichten, gestaltet aktiv die Zukunft des digitalen Handels.
