Website-Icon E-Commerce Institut Köln

Werbeblocker und ihre Folgen für das Online Marketing

Von Maurice Wisser

Im Internet kann der Nutzer zur Unterdrückung von Werbung Werbeblocker installieren, die es für die gängigsten Browser als kostenlose Erweiterung gibt. Die Zahl der Installationen von Werbeblockern stieg in den vergangenen Jahren rasant an. Unter dieser Entwicklung litten vor allem die Inhaltsanbieter im Internet mit ihrem Werbefinanzierungsmodell. Daraufhin hat die digitale Werbeindustrie innerhalb kürzester Zeit die unterschiedlichsten Lösungsstrategien und -techniken entwickelt und angewandt.

In der Masterthesis auf die sich dieser zu Artikel bezieht, wird nach Ursachen und den Besonderheiten des Adblockings geschaut und sich mit den Lösungsansätzen der Branche beschäftigt. Ob es sich bei den Lösungsansätzen um Ergänzungen zu den klassischen Online-Marketing Maßnahmen handelt oder diese eine ganz neue und eigene Finanzierungsmöglichkeiten darstellen. Eine für alle Beteiligten anwendbare Universal-Lösung gibt es nicht und die einzelnen Ansätze müssen aus den Perspektiven der verschiedenen Stakeholder betrachtet werden. Fehler, wie der inflationäre Einsatz von Online-Werbung, die in der Vergangenheit gemacht wurden, gilt es in der Zukunft zu verhindern.

Werbeblocker und Werbeakzeptanz im Internet

Unternehmen setzen Werbung dazu ein, um uns auf ihre Produkte, Marke oder Dienstleistungen aufmerksam zu machen. Die Aufmerksamkeit für diese Werbebotschaften kann durch verschiedene Gestaltungselemente beeinflusst werden (z.B. durch eine besonders humorvolle Gestaltung, einprägsame Slogans, beeindruckende Bilder oder die Positionierung an unerwarteten Orten). Das ständige Buhlen um Aufmerksamkeit kann im schlimmsten Fall von den Rezipienten als störend empfunden werden, und zu einer Aversion gegenüber Werbung führen. Eine solche Aversion gegenüber Werbung ist kein Phänomen des Internets, sondern kommt in auch anderen Mediengattungen vor (Rafian 2015, S. 5). Im Internet besitzen die Nutzer die Möglichkeit ihr Surferlebnis, in nur wenigen Sekunden und mit wenigen Mausklicks, in eine werbefreie Zone zu verwandeln. Dazu muss der Nutzer einen Werbeblocker installieren, den es für die gängigsten Browser als kostenlose Erweiterung gibt. Die Zahl der Installationen von solchen Browsererweiterungen stieg in den vergangenen Jahren rasant an. Aus 50 Millionen Nutzern zu Beginn 2013 sind Anfang 2015 bereits 200 Millionen Nutzer geworden (PageFair und Adobe 2015, S. 4). Bei den Anbietern von Inhalten im Internet und ihrem Werbefinanzierungsmodell, hat sich diese Entwicklung durch die Entstehung eines Einnahmedefizits bemerkbar gemacht. Weltweit wird für das Jahr 2016 ein wirtschaftliches Defizit von 41,4 Milliarden US-Dollar durch Adblocking prognostiziert (PageFair und Adobe 2015, S. 7).

Nicht nur die finanziellen Auswirkungen der steigenden Adblock-Nutzerzahl sind aus wissenschaftlicher Sicht von Interesse, sondern auch die Konsequenzen für das Online-Marketing im Allgemeinen. Im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich mich mit folgender Forschungsfrage auseinandergesetzt:

„Welche Konsequenzen entstehen für den Bereich Online-Marketing, durch die steigende Anzahl der Werbeblocker-Nutzer im Internet?“

Der Versuch die Forschungsfrage zu beantworten erfolgt auf theoretischen Grundlagen und in der Form einer Metastudie, um die möglichen Gründe für die sinkende Akzeptanz der Online-Werbung zu finden, mögliche Erfolgs- oder Qualitätsfaktoren für zukünftige Internet-Werbeformen zu identifizieren und Alternativen und neuen Entwicklungen der Online-Werbung zu bewerten. Die Gründe, weshalb Nutzer zu einem Werbeblocker greifen, wurden bereits durch unterschiedliche Unternehmen und Organisationen untersucht und können bei der Beantwortung der Forschungsfrage helfen. Um die Entwicklung und die Entstehung von Adblock-Software nachvollziehen und verstehen zu können, muss ein kleiner Blick auf die digitalen Werbeformen der Vergangenheit geworfen werden, wenn auch diese heute nicht mehr in dieser Form angewendet werden.

Wie bereits erwähnt ist die Werbeaversion kein neues Phänomen, das nur die Internetnutzung betrifft, sondern ist medienübergreifend zu erkennen. Aus der Perspektive der Wissenschaft stellen sich diesbezüglich die Fragen, ob eine Werbeaversion im Internet viel stärker wahrgenommen wird oder ob sie bei den Nutzern im Internet viel häufiger vorkommt. Bereits durchgeführte und veröffentlichte Studien und Analysen zu Werbeblocker-Nutzern sind wichtige Grundlagen für die Beantwortung der Forschungsfrage und zur Entwicklung möglicher Lösungsansätze. Die digitale Werbeindustrie hat innerhalb kürzester Zeit die unterschiedlichsten Lösungsstrategien und -techniken entwickelt und angewandt. Eine allgemeine Universal-Lösung gibt es nicht.

Zum Teil handelt es sich bei den Lösungsansätzen um Ergänzungen zu den klassischen Online-Marketing Maßnahmen oder sie stellen den Anbietern eine ganz neue und eigene Finanzierungsmöglichkeit zur Verfügung. Zusätzlich gibt es alternative Werbeblocker, die nur bestimmte Werbung blockieren oder die Werbeeinblendungen gegen eigene austauschen, um die Nutzer zum Rezipieren von Werbung zu motivieren. Neben der Entwicklung verschiedener Lösungsstrategien, hat die Online-Marketing Branche und die Inhaltsanbieter in der Vergangenheit bereits versucht sich gerichtlich gegen die Adblock-Anbieter, vor allem dem Marktführer Adblock Plus, zu wehren. Bisher fielen die rechtlichen Einschätzungen (Faida 2015, Min. 5:05-5:20) und erste Urteile zu Gunsten der Werbeblocker-Anbieter aus. Auch wenn aktuell noch weitere Gerichtsverfahren laufen und Urteile ausstehen ist nicht davon auszugehen, dass die Probleme, die durch die Adblock-Nutzung entstehen, sich auf diesem Weg lösen lassen.

Eine Regulierung, auch wenn sie nicht durch einen Gesetzgeber erfolgt, kann dennoch wichtig sein. Die Werbebranche selbst besitzt bereits verschiedene Kontroll- und Regulierungsorgane (wie. z.B. den Deutschen Werberat, die International Chamber of Commerce oder Branchenverbände), die die verschiedensten Richtlinien zum Werben im Internet formuliert haben (z.B. der Konsolidierter Kodex des ICC Germany e.V. 2011). Die Regulierung durch einen Werbeblock-Anbieter, wie etwa durch den Marktführer Adblock Plus und dem dazugehörendem Acceptable Ads-Programm, stoßen bei Inhaltsanbieter und Werbeunternehmen auf wenig Anklang (Bennefeld 2016). Prinzipiell funktioniert das Modell der Freischaltung von nicht störender Werbung durch einen Adblock-Anbieter (Dommers 2016, Min. 14:55-15:50), auch wenn Internetseitenbetreiber und die digitale Werbebranche verschiedene Kritikpunkte daran auszusetzen haben.

„Die Werbung ist inzwischen so zahlreich geworden, dass sie kaum noch wahrgenommen wird.“ Dr. Samuel Johnson, Januar 1759

Um der Vielzahl an Werbebotschaften die im Alltag auf uns einprasseln Herr zu werden, hat der potenzielle Rezipient schon immer bewusste und unbewusste Verhaltensmuster entwickelt. Werbeunterbrechungen im Fernsehen werden von den Nutzern häufig genutzt um sich kurzzeitig von dem Fernsehgerät zu entfernen, um sich mit etwas Anderem zu beschäftigen oder um zwischen den verschiedenen Sendern zu wechseln. Im Radio kann Werbung ebenfalls zum Wechseln des Senders anregen oder die Lautstärke des Gerätes wird für den entsprechenden Zeitraum runtergeregelt. Bei Zeitungen und Zeitschriften werden Werbeanzeigen häufig schon durch ihre Aufmachung von den Lesern erkannt und aufgrund dessen bewusst oder unbewusst ignoriert. Dieses Verhalten wurde in einer Studie von Clark Chapman Research aus dem Jahr 2005 untersucht. Das Ergebnis zeigte, dass im Durchschnitt bei 28 Prozent der Werbebotschaften aktiv versucht wird, dieser keinerlei Aufmerksamkeit zu schenken (durch Hard-Adavoidence Maßnahmen wie z.B. Zapping, Umblättern, Umschalten usw.). Im Durchschnitt schenken die Rezipienten 21 Prozent aller Werbeanzeigen ein angemessenes Maß an Aufmerksamkeit und bei den restlichen 51 Prozent befindet sich die Aufmerksamkeitspanne irgendwo dazwischen. Die Ergebnisse für die einzelnen klassischen Medien sieht wie folgt aus (Radio Advertising Bureau 2005, S. 7):

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Radio Advertising Bureau 2005, S. 7)

Die vom Online-Vermarkterkreis (OVK) ermittelt und veröffentlichte Werbeblocker-Rate liegt aktuell bei 20,09 Prozent (Priebe 2016) und damit innerhalb des Durchschnitts von Hard-Adavoidance bei allen anderen Mediengattungen (28 Prozent). Während die Adavoidance-Rate der anderen Mediengattungen durch eine Umfrage von Clark Chapman Research erhoben wurde, lässt sich die Zahl der Internetseitenaufrufe, bei denen Adblocker zum Blockieren der Werbung eingeschaltet waren, relativ leicht ermitteln. Durch die leichte Messbarkeit im Internet steht die aktuelle Rate von Adavoidance im Internet aktuell zur Verfügung, wogegen die Ermittlung der Adavoidance bei anderen Mediengattungen nur durch aufwendige Umfragen und Tests ermittelt werden kann. Aus diesem Grund konnte nur auf die gewählte Befragung aus dem Jahr 2005 zurückgegriffen werden, wobei davon ausgegangen werden kann, dass sich das Verhalten nicht gravierend verändert haben wird.

Vielleicht ist es aber gerade die Tatsache, dass die allgemeine Werbeblocker-Rate und die individuellen Adblocker-Raten für spezifische Seiten viel einfacher ermittelt werden können ein Grund dafür, weshalb die Adavoidance im Internet durch Werbeblocker bei den Inhaltsanbietern besonders auffällt. Zusätzlich rückt sie stärker in das Bewusstsein der Inhaltsanbieter, weil Hard-Adavoidance mittels Werbeblocker direkte Auswirkungen auf die Werbeeinnahmen hat. Bei allen anderen Medienarten hat die Hard-Adavoidance keinerlei direkte finanzielle Auswirkung. Aufgrund der schwierigen Messbarkeit und den unterschiedlichen Abrechnungsmodellen spielt sie dort eine untergeordnete Rolle. Möchte jemand im Internet prinzipiell Werbung vermeiden, dann bietet ihm ein Adblocker eine leicht zu installierende und konsequente Lösung. Diese Umstände sorgen zudem zu noch mehr Angst vor Werbeaversion im Internet als in anderen Medienarten, weil dort die Hard-Adavoidance Verhaltensmuster mit einem, zwar geringen aber vorhandenen, Aufwand für den Nutzer verbunden ist. Ist ein Werbeblocker erst einmal auf dem Endgerät des Nutzers installiert, ist es sehr schwierig ihn wieder als Werberezipienten zurückzugewinnen (Beuchler und Schnoor 2015).

Doch nur die wenigsten Adblock-Nutzer haben sich einen Werbeblocker aus Prinzip und dem Wunsch nach einem grundsätzlich werbefreien Internet installiert. Zu diesem Ergebnis kamen mehrere Nutzerbefragungen und Untersuchungen. Es zeigte sich zudem, dass vor allem die Art und Weise, wie Werbung im Internet den Nutzern präsentiert wird, der Hauptgrund ist (Vratonjic et al. 2013, S. 7). Die Annahme, dass die steigende Anzahl an Adblock-Nutzern ein Indikator der Aversion gegenüber Werbung im Internet ist, trifft also nur zum Teil zu.

Wir alle arbeiten in der Werbebranche und die meisten von euch nutzen selbst Adblocker, wir erschaffen also Dinge, die wir selbst nicht mögen.

Thomas Strerath (Jung von Matt), d3con 2016: Adblocker Panel

Der Einsatz von Techniken wie Flash oder heute HTML5 bietet den Werbetreibenden eine Vielzahl an Möglichkeiten, um durch gestalterische Elemente die Aufmerksamkeit der Nutzer auf die Werbeeinblendungen zu lenken. Das folgende Umfrageergebnis zeigt eindeutig, dass diese aufmerksamkeitserregenden Elemente häufig der Grund sind, weshalb Werbeblocker in der Vergangenheit installiert wurden.

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Vratonjic, et al. 2013, S. 7)

Eine grundlegende Aufgabe von Werbung ist zwar die Erzeugung von Aufmerksamkeit für ein bestimmtes Produkt, Marke oder eine Dienstleistung. Beim Surfen im Internet trifft man dazu überwiegend auf direkte „in your face“-Werbeformen, wie dem klassischen Display Advertising, und weniger auf sanftere und attraktivere Werbeformen wie dem Native Advertising (Gipko 2015). Der inflationäre Einsatz von dieser direkten Werbeform in Ergänzung mit medial aufgeladenen Elementen, trieb Nutzer in der Vergangenheit häufig zur Adblock-Nutzung. Dies möchte ich an dieser Stelle an einem ungewöhnlichen und theoretischen Beispiel erläutern. In Ihrem Leben haben Sie mit Sicherheit schon einmal eine Gruß- oder Geburtstagskarte erhalten oder verschenkt, die beim Öffnen automatisch eine Melodie oder andere Töne von sich gibt. Stellen Sie sich vor, dass diese Technologie in der Vergangenheit dazu verwendet worden wäre um beim Blättern durch Zeitungen oder Zeitschriften auf den entsprechenden Seiten Werbebotschaften zu vermitteln. Aus Kostengründen sind wir in der Vergangenheit vielleicht davon verschont geblieben, aber im Internet ist dies und noch viel mehr ohne große Mehrkosten möglich. In der realen Welt hätte wahrscheinlich ein Großteil der Zeitungsleser zur Mikrowelle als Adblock-Lösung gegriffen, um bei 5-10 Sekunden bei 1000 Watt der dahintersteckenden Elektronik den Gar aus zu machen. Ein Ähnliches und weitaus folgenreicheres Nutzungsverhalten kann im Internet beobachtet werden. Nicht alles was technisch möglich ist, sollte auch angewendet werden.

Des weiteren standen die Inhaltsanbieter in den letzten Jahren unter einem hohen Wachstumsdruck durch die Werbebranche (Von Wersch 2014, Min. 40:55–41:41), die immer mehr Werbung auf den Seiten vermarkten wollte. Die Folge war ein häufig inflationärer Einsatz von Werbemitteln auf den Internetseiten der Anbieter. Für die Nutzer dieser Angebote war es zum Teil sogar schwierig zwischen den ganzen Werbeeinblendungen die Inhalte zu erkennen (Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. 2015, S. 13). Was den vorausgegangenen Effekt und die wahrgenommene Störung im Surferlebnis zusätzlich negativ beeinflusst.

Um an dieser Stelle noch einmal bei den störenden Eigenschaften der digitalen Werbeanzeigen zu bleiben, sind ergänzend die Privatsphäre- und Sicherheitsbedenken der Nutzer zu erwähnen. Diese Kritikpunkte sind vor allem technisch affinen Nutzern besonders wichtig, aber sollten es grundsätzlich auch für normale Nutzer sein. Denn die Schwachstellen in der digitalen Webeformen werden immer wieder dazu ausgenutzt, um Schadsoftware von Internetkriminellen auf die Endgeräte der Nutzer zu spielen, ohne dass dieser dafür etwas kann (Vratonjic et al. 2013, S. 6.). Nicht nur der mögliche Schaden am eigenen Computer, sondern auch die beim Tracking anfallenden Datenmengen sind einigen Nutzern ein Dorn im Auge. In Zeiten in denen es bekannt ist, dass einige Staaten möglichst viele Daten aus dem Internet sammeln und in denen man häufiger von Hacker-Angriffen hört, bei denen sensible Daten abhandenkommen, möchten diese Nutzer möglichst wenig Spuren im Internet hinterlassen (Seitz 2013, S. 22).

Es kann von der Annahme ausgegangen werden, dass das Werbefinanzierungsmodell grundsätzlich von den Nutzern akzeptiert wird. Die Steigerung der Akzeptanz von Internetwerbung im Allgemeinen kann durch hohe und mit den Nutzerbedürfnissen übereinstimmenden Qualitätskriterien positiv beeinflusst werden. Das beste Beispiel sind die Qualitätskriterien des Acceptable Ads-Programm von Adblock Plus. Werbeanzeigen die den Qualitätsrichtlinien dieses Programmes entsprechen und vom Betreiber Eyeo GmbH durch die Whitelist wieder auf den entsprechenden Internetseiten freigeschaltet wurden, werden von den Nutzern akzeptiert (Dommers 2016, Min. 14:55-15:50). Dies liegt hauptsächlich daran, dass sie das Nutzungserlebnis nicht stört. Die Programm-Richtlinien des Anbieters werden zukünftig nicht mehr von ihm selbst festgelegt, sondern durch ein spezielles Gremium, dass sich aus Vertretern der verschiedenen Stakeholder zusammensetzt (Williams 2016).

Was nicht passt, wird passend gemacht Deutsches Sprichwort

Unabhängig davon hat die Online-Werbebranche bereits erkannt, dass die Qualität und die Präsentation ihrer Werbung gesteigert werden muss, um weiteres starkes Ansteigen der Adblock-Rate zu verhindern. Dies soll durch eine höhere Relevanz der Werbung erreicht werden können (Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. 2015, S. 29). Das bedeutet, dass die Nutzer mit möglichst präziser Werbung angesprochen werden sollen und zusätzlich soll die Werbebotschaft zu seinen aktuellen Wünschen passen. Diese Werbeeinblendungen sollen von den Nutzern eher, als die nicht gezielt ausgespielten Werbeanzeigen, wahrgenommen werden und auch zu einer besseren Performance (Click-Through-Rate – CTR) beitragen (Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. 2012, S. 3).

Die Erhöhung der Relevanz der Werbung und die damit verbundenen Maßnahmen, wie Tracking und Targeting, stehen im Konflikt mit dem Bedürfnis der Nutzer nach Schutz der Privatsphäre. Das bereits seit langem im Internet standardmäßig angewendete Tracking, mit anschließende Targeting einzelner Nutzer oder einzelner Zielgruppen, hat Nutzern bisher nicht das Gefühl geben können, dass die Werbung im Internet auf ihre persönlichen Bedürfnisse abgestimmt wurde. Zu diesem Ergebnis kam bereits eine Forsa-Umfrage im Auftrag von SAS Deutschland aus dem Jahr 2012.

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an SAS Institut GmbH 2012, S. 9)

Bereits in der Abbildung zur Umfrage: „Warum verwenden die Nutzer Adblock Plus?“ gaben 54 Prozent der Befragten an, dass Privatsphärebedenken ein für sie wichtiger Grund sei und weitere 28 Prozent gaben an dies sei ein eher wichtiger Grund (SAS Institut GmbH 2012, S. 9). Andere Befragungen wie die durch PageFair und Adobe kamen sogar zu dem Ergebnis, dass 50 Prozent der Nutzer zukünftig zu einem Webeblocker greifen werden, wenn sie bemerken, dass ihre Daten missbraucht werden um ihnen personalisierte Werbung anzuzeigen. 10 Prozent gaben bei dieser Befragung an, einen Werbeblocker zu installieren, wenn Vermarkter ihre Fähigkeit Werbung zielgerichteter auszuspielen nicht verbessern (PageFair und Adobe 2015, S. 12).

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an PageFair und Adobe 2015, S. 12)

Es könnte bei dem Versuch, die Qualität von Internetwerbung durch die Steigerung der Relevanz der Werbung, zu verbessern, zu einem gegenläufigen Effekt führen. Lediglich die Anpassung der Werbeanzeigen auf einer Internetseite, passend zum Thema der entsprechenden Seite, könnten eine Möglichkeit bleiben die nicht negativ von den Nutzern aufgefasst werden sollte. Der verstärkte Einsatz von Tracking und Targeting sollte durch die Online-Werbebranche noch weiter überdacht werden und das Privatsphärebedürfniss der Nutzer sollte gewahrt bleiben.

An einer anderen Möglichkeit zur Steigerung der Werbemittelqualität arbeiten derzeit die Mitgliedsunternehmen des Interactive Advertising Bureau (IAB). Zu den Mitgliedern des IAB zählen Unternehmen wie Google, Facebook, Yahoo oder BuzzFeed. Gemeinsam riefen sie die LEAN Initiative ins Leben. Das Kürzel LEAN steht dabei für: „Light, Encrypted, Ad Choice Supportet und Non-Invasive“. Durch die Selbstregulierung der Unternehmen soll die in der Zukunft eingesetzte Werbung kürzere Ladezeiten besitzen, schonender für die Akkulaufzeit sein, durch eine Verschlüsselung und die Unterstützung des Ad Choice Programms die Privatsphäre mehr schützen und vor allem sollen die Werbeeiblendungen nicht mehr störend gestaltet sein (Steinschaden 2015). Zwar handelt es sich bei den Mitgliedern des IAB um sehr große und bedeutungsvolle Unternehmen des Internets, die aber trotzdem nur ein Teil aller Werbetreibenden im Internet darstellen. Außerdem ist bei Werbeanzeigen, die Ad Choice unterstützen, das Nutzertracking standardmäßig aktiviert. Es kann jedoch jederzeit vom Nutzer deaktiviert werden, auch wenn diese Funktion den wenigsten Nutzern bekannt sein sollte und die Nutzer noch nicht ausreichend über diese Funktion informiert werden.

Wird weiterhin verstärkt an den Eigenschaften und der Qualität von Internetwerbung, insbesondere bei der Display-Werbung, gearbeitet, dann wird die Finanzierung durch Werbung weiterhin das Hauptfinanzierungsmodell für Inhalte im Internet bleiben. Die Verbesserung des aktuellen Qualitätsstandards stellt nur einen Teil der Bemühungen der Branche dar, damit weiterhin an diesem Modell festgehalten werden kann. Die starke Zunahme der Ablock-Nutzung machte es nötig, innerhalb kürzester Zeit weitere neue Lösungsmöglichkeiten und Strategien zu entwickeln.

Zur Zukunft von Adblocking und Online-Werbung

„Internet ist nur ein Hype.“ Bill Gates, 1995

Beim Thema Adblocker gestaltet sich eine genaue Vorhersage zur Zukunft, wie bei so vielen anderen Bereichen des Internets, als sehr schwierig. Während noch viele Teilnehmer an der digitalen Werbewertschöpfungskette auf die Erfindung einer Schlüsseltechnologie hoffen, die das Blockieren von Werbung nicht mehr ermöglicht, lässt sich für die absehbare Zukunft nur sagen, dass dies wahrscheinlich nicht eintreten wird. Werbeblocker werden noch sehr lange ein Teil des Internets sein das wir aktuell kennen und werden sogar zum Internet der Zukunft dazugehören.

Technologien wie das Wiedereinfügen von Werbeeinblendungen durch Ad Reinsertion sind ein erster guter Schritt für digitale Inhalts- und Dienstleistungsanbieter, egal ob groß oder klein, um trotz Werbeblocker weiter Werbeeinnahmen generieren zu können. Das entstandene Wettrüsten der verschiedenen Parteien muss zwangsläufig in Kauf genommen werden, mit dem Risiko, dass jede neue Technologie nur einen kurzfristigen Erfolg bewirkt. Trotzdem sollte bei der Anwendung von Ad Reinsertion weiterhin auf die Bedürfnisse der Nutzer geachtet werden und qualitativ hochwertige Werbung ausgespielt werden.

Die Umgestaltung des Finanzierungsmodells lohnt sich nur für große Anbieter mit starken Eigenmarken. Micopayments wurden bisher überwiegend von kleineren Anbietern zur Finanzierung ihrer Inhalte eingesetzt. Für Anbieter, die bisher noch keine alternativen Werbeformen des Online-Marketings eingesetzt haben (wie z.B. Natives Advertising, Affiliate Marketing, Content Marketing oder Social Media Marketing) die nicht durch Adblocker erkannt werden können, sollten einen Einsatz dieser Mittel bei ausreichenden Ressourcen in Erwägung ziehen. Die Unterstützung durch die Inhaltsanbieter für alternativen Werbeblockern, die eher filtern anstatt sie zu blockieren, wird in Zukunft ebenfalls nur sehr mäßig ausfallen. Unabhängig davon ob die Inhaltsanbieter einen Teil der entgangenen Werbeeinahmen dadurch zurückerhalten. Ein großes Problem scheint die fehlende Kommunikation auf Augenhöhe zu sein, zwischen allen Beteiligen der Online-Werbebranche und den Werbeblockanbietern. Das Treiben der Werbeblockanbietern wird als sehr kritisch und nicht gerechtfertigt gesehen und demensprechend scheint auch die Kommunikation zwischen den Parteien zu sein. Der Versuch über Gerichtsverfahren eine Lösung der Situation zu finden, treibt zusätzlich einen Keil zwischen die Parteien. Aktuell stehen noch einige dieser Urteile aus. Selbst wenn es der Werbebranche durch irgendein juristisches Schlupfloch gelingen sollte z.B. den Marktführer Adblock Plus in die Insolvenz zu treiben, dann stehen viele andere kostenlose Opensource-Lösungen bereit (Andresen 2015, Min. 20:45-21:18.).

Die Nutzer wissen, dass viele Inhalte durch Werbung finanziert werden und haben das Werbefinanzierungsmodell bereits verstanden (Strerath 2016, Min 9:51-11:45), doch die Art und Eigenschaften der eingeblendeten Werbung sind entscheidend. Erst in den nächsten Jahren wird sich zeigen ob nach der Erhöhung der Werbemittelqualität ein weiteres starkes Ansteigen der Adblock-Nutzerzahl verhindert werden kann. Diese Zahl scheint aufgrund von verschiedenen Faktoren im Internet viel stärker im Bewusstsein der Werbebranche zu sein, als in anderen Medien. Aktuell befindet sie sich sogar innerhalb des Durchschnitts aller anderen Mediengattungen. Und entgegen vieler zuvor getroffenen Prognosen ist die Adblock-Rate des OVK innerhalb des letzten Jahres leicht gesunken (Priebe 2016).

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Priebe 2016, o. S.)

Anhand von verschiedenen Studien, Befragungen und Untersuchungen zu diesem Thema wurde versucht eine passende und einheitliche Antwort auf die gestellte Forschungsfrage zu finden. Besonders die Untersuchung und Bewertung der unterschiedlichen und vielseitigen Lösungsansätze zu diesem Thema, als direkte Konsequenz auf die Adblock-Thematik, standen im Fokus dieser Arbeit. Es zeigte sich z.B., dass im Display-Bereich, als klassische Variante des Online-Marketings, selbst eine vermeintlich perfekte Werbeform nicht dazu führen wird, dass sich mehr Nutzer diese Werbung anschauen werden. Die Aversion gegenüber dieser speziellen Werbeform sollte zusätzlich mehr im direkten Vergleich zur Aversion in anderen Medien betrachtet werden. Dazu könnte es sinnvoll sein, mit einer aktuellen Studie die verschiedenen Adavoidance-Verhaltensformen in anderen Medien zu untersuchen und aktuellere Statistiken zu diesem Thema zu erfassen.

Weitere Forschungen und Untersuchungen, die eine Qualitätssteigerung der Online-Werbung begleiten, können in Zukunft nützlich sein, um bei einer stabil bleibenden Adblock-Rate den Zusammenhang mit der Qualität zu bestätigen. Untersuchungen in diesem Bereich könnten zum Beispiel die direkten Reaktionen von Nutzern auf Werbeeinblendungen mit unterschiedlichen Eigenschaften analysieren oder den Nutzern die Qualität verschiedener Display-Marketing-Kampagnen aus verschiedenen Zeiträumen der Vergangenheit bewerten lassen, um ein Steigen oder Sinken parallel zur Adblock-Rate des OVK festzuhalten.

Erstellt von Maurice Wisser im Sommersemester 2016 im Rahmen einer Master-Thesis des Studiengangs Corporate Communication an der Hochschule Fresenius in Köln.

Grafiken: Maurice Wisser

Literatur- und Quellenverzeichnis

Andresen, J. (2015). D3con 2015: Adblock Panel – Bekämpfen, ignorieren oder überflüssig machen? Verfügbar unter: https://youtu.be/utCVw6RYs4s (24.05.2016).

Bennefeld, C. (2016). Statement: Die Adblocker-Lüge, verfügbar unter: http://www.e-commerce-magazin.de/adblocker-rechtlich-zulaessig-oder-nicht (01.03.2016).

Beuchler, T. & Schnoor M. (2015). Was die Werbekunden über Adblocker denken, verfügbar unter: https://www.lead-digital.de/aktuell/specials/die_neuerfindung_des_marketing/was_die_werbekunden_ueber_adblocker_denken (07.03.2016).

Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. (2012). Einsatzmöglichkeiten zielgruppenbasierter Online-Werbung, Düsseldorf.

Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. (2015). B2B Adblocker-Studie des OVK. Darstellung des wirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Schadens von Adblocking für Unternehmen in Deutschland auf Basis eines Stimmungsbilds relevanter Marktteilnehmer, Düsseldorf.

Dommers, C. (2016). D3con 2016: Adblock Panel – Bekämpfen, ignorieren oder überflüssig machen? Verfügbar unter: https://youtu.be/1H2wANXmxCE (24.05.2016).

Faida, T. (2015). Werbung ist wahnsinnig wichtig für das gesamte Ökosystem – Till Faida, Adblock Plus, OnlineMarketing.de, verfügbar unter: https://youtu.be/6aIBofmFk2w (24.05.2016).

Gipko, E. (2015). 2015 Native Advertising Survey Reveals: Predictions of Backlash against Native Advertising Not Supported by 2015 data, verfügbar unter: http://hubshout.com/?2015-NATIVE-ADVERTISING-SURVEY-REVEALS:-It’s-Working!-&AID=1658 (22.04.2016).

ICC Germany e.V. (2011). Konsolidierter Kodex der ICC. Praxis der Werbe- und Marketingkommunikation, verfügbar unter: http://www.iccgermany.de/fileadmin/ICC_Dokumente/Marketing/ICC_Kodex_Marketing_Deutsch.pdf (24.05.2016).

PageFair und Adobe (2015). The cost of ad blocking, PageFair and Adobe 2015 Ad Blocking Report, o.O.

Priebe, A. (2016). Adblocker-Rate sinkt erstmals – Früchte der Aufklärung?, verfügbar unter: http://onlinemarketing.de/news/adblocker-rate-rueckgang-fruechte-aufklaerung (21.04.2016).

Radio Advertising Bureau (2005). You Can’t Close Your Ears – Reach out with radio in today´s ad avoidance world, London.

Rafian, J. (2015). Blocked! The psychology behind the usage of ad-blocking software, Minnesota, University of Minnesota Digital Conservancy, Bachelorarbeit.

SAS Institut GmbH (2012). Konvergenz in der Kundenkommunikation – Der digitale Dialog aus Sicht des Konsumenten, Marketing Monitor 2012, Heidelberg.

Seitz, J. (2013). Perspektiven der Werbung in Echtzeit, in Busch, O. (Hrsg.): Realtime Advertising. Digitales Marketing in Echtzeit: Strategien, Konzepte und Perspektiven, 1. Aufl., Wiesbaden: Springer, S. 15-32.

Steinschaden, J. (2015). Im digitalen Krieg um Werbeblocker geht es um nichts weniger als um den freien Zugang zu Information, verfügbar unter: https://www.trendingtopics.at/bei-dem-digitalen-krieg-um-werbeblocker-geht-es-um-nichts-weniger-als-um-den-freien-zugang-zu-information/ (01.03.2016).

Strerath, T. (2016). D3con 2016: Adblock Panel – Bekämpfen, ignorieren oder überflüssig machen? Verfügbar unter: https://youtu.be/1H2wANXmxCE (24.05.2016).

Von Wersch, O. (2014). D3con 2014: Adblock Panel – Bekämpfen, ignorieren oder überflüssig machen? Verfügbar unter: https://youtu.be/dlHvz-kFvn0 (24.05.2016).

Vratonjic, N., Manshaei, M. H., Grossklags, J., & Hubaux, J. (2013). Ad-blocking games: Monetizing online content under the threat of ad avoidance, in: Böhme, R., (Hrsg.): The Economics of Information Security and Privacy, Berlin und Heidelberg: Springer, S. 49-75.

Williams, B. (2016). Acceptable Ads explained: monetization, verfügbar unter: https://adblockplus.org/blog/acceptable-ads-explained-monetization (24.05.2016).