die Qual der Wahl des Shopsystems
Jedes E-commerce-Unternehmen und jeder Gründer im E-commerce kennt diese Entscheidungssituation: man will einen Shop erstellen, also muss ein Shopsystem ausgewählt werden. Keine vergleichbare Entscheidung im E-commerce hat eine ähnliche strategische Bedeutung und birgt in sich solch erhebliche Risiken wie die Wahl des Shopsystems. Ziel muss es daher sein, die Risiken einer Fehlentscheidung zumindest durch einen sorgfältige Entscheidungsprozess zu reduzieren. In diesem Beitrag wird eine Übersicht gegeben über die wichtigsten Entscheidungsparameter und Erfolgsfaktoren, die für die Auswahl eines Shopsystems maßgeblich sind.
Das Shopsystem – eine eierlegende Wollmichsau?
So hätten es sicher gerne viele Shopbetreiber, die einen Shop erstellen wollen. Ein Shopsystem, das ein individuell gestaltbares Frontend, ein bedienfreundliches Backend, eine wundersame Suchmaschinenoptimierung und schließlich einen ganz geringen Preis hat. Die eierlegende Wollmilchsau des E-commerce.
Doch die Realität ist leider weniger ideal. Zunächst werden die Unterehmen mit einer sehr großen und weiter wachsenden Zahl von Alternativen zu möglichen Shopsystemen konfrontiert. t3n zeigt eine gute Übersicht zu Open-Source-Shopsystemen. Unabhängige Empfehlungen zu erhalten ist in diesem Markt schwer, denn bei näherem Hinschauen erweisen sich -wie so häufig- viele kostenfreie Empfehlungen als von Interessen geleitet.
Daher dürfte noch viel wichtiger als der Überblick über den Gesamtmarkt sein, eigene Anforderungen an ein Shopsystem festzulegen. Nur wer genau weiß, worauf es in seinem Geschäft und in seiner Branche ankommt, kann richtige Entscheidung fällen. Um die Erfolgsfaktoren für ein Shopsystem zu bestimmen, müssen die Shopbetreiber zunächst Ihr Geschäft für die nächsten Jahre planen, denn die Festlegung auf ein bestimmtes Shopsystem ist eine strategische Entscheidung mit Langzeitwirkung. Fragen zur Entwicklung des Umsatzes und des Sortiments sollten planerisch erarbeitet werden. Welche Ziele also sind bei der Wahl des Shopsystems zugrunde zu legen?
Einen Shop erstellen – 5 Kriterien bei der Auswahl des Shopsystems
E-commerce ist ein Vertriebsweg für den Absatz von Produkten an Endverbraucher aber auch an Unternehmenskunden (B2B). Also ist das wichtigste Ziel für die Auswahl eines Shopsystems, dass das Unternehmen online mehr verkaufen kann. Es macht Sinn, dieses Ziel vom Ende her zu bestimmen, also von der eigentlichen Conversion, die in der entscheidenden Kennziffer Conversion Rate gemessen wird.
Erfolgsfaktoren für mehr Conversions
Eine Conversion erfolgt in einem Online Shop, wenn aus einem User ein Kunde, also ein Käufer wird, da ein Verkauf erfolgt. Der Beitrag eines Shopsystems dazu lässt sich auf die Produktdarstellung, Faktoren der Usability und der technischen Performance des Shopsystems fokussieren. Werden spezifische Services angeboten, die die Integration von zusätzlichen Anwendungen in ein Shopsystem erfordern -wie etwa einen Konfigurator- ist auch dieses bei der Wahl des Shopsystems zu berücksichtigen.
Die benötigte Produktdarstellung und die Präsentation von Produktinformation ist abhängig vom Sortiment, Wettbewerb und den Erwartungen der Zielgruppe. Ein technisches Produkt etwa, das sich an eine ältere und männliche Zielgruppe wendet, benötigt weniger Bebilderung als ein Mode- oder Kosmetikprodukt für jüngere Frauen. Da sich aber die Art der Produktpräsentation im Wettbewerb laufend verändert, ist vor allem die Flexibilität bei den wählbaren Darstellungsformen entscheidend. Wichtig ist dabei grundsätzlich, das Mediennutzungsverhalten der Zielgruppe zu kennen und deren Veränderung zu identifizieren. Wenn die Zielgruppe z.B. zunehmend Bewegtbild im Internet anschaut, sollte geprüft werden, ob Bewegtbild in das Shopkonzept integriert werden können oder sollen.
Weiter muss ein Shopystem in der Usability, also bei der Bedienfreundlichkeit fehlerfrei funktionieren. Sobald die Usability eingeschränkt ist, verlassen Kunden die Shopseite oder brechen bereits begonnene Einkäufe ab. Das gleiche gilt für unzureichende technische Performance eines Shopsystems, das sich vor allem in langen Ladezeiten niederschlägt.
Schließlich ist ein weiter wichtiger Aspekt die Suchmaschinenfreundlichkeit des Shopsystems. Essentielle Details dazu sind suchmaschinenfreundliche URLs und die Optimierungsmöglichkeit hinsichtlich Titel, SEO-Titel, Schlagwörtern und Beschreibung einer Seite.
Leistungsumfang des Backends
Im Backend kann ein Shopbetreiber seine Produkte, seine Bestellungen, den Liefer- und Leistungsprozess und noch vieles mehr verwalten. Ein leistungsstarkes Shopsystem bietet darüber hinaus ein Customer Relationship Management, die Möglichkeit Aktionen und Rabatte durchzuführen sowie zumindest ein Standardreporting. Je zugänglicher und einfacher einzelne Funktionen und je besser sich diese auch in andere Systeme wie z.B. eine Warenwirtschaft bzw. ein ERP mittels Schnittstellen einpassen lassen, umso besser. Häufig unterscheiden sich die Shopsysteme erheblich in diesen Funktionalitäten.
Weiterentwicklung des Shopsystems
Die Festlegung auf ein Shopsystem ist eine strategische Entscheidung, die in der Regel mit erheblichen Investitionen verbunden ist. Ein aus Gründen fehlender Wettbewerbsfähigkeit erzwungener Wechsel des Shopsystems vor Ablauf der Amortisationszeit bedeutet also einen erheblichen Schaden für den Shopbetreiber. Daher ist es also wichtig, dass ein Shopsystem laufend weiterentwickelt wird, so dass die Standards des jeweiligen Marktes durch Nachinstallationen bzw. updates erfüllt bleiben. Ist das nicht gegeben, kann also oben beschriebene Situation eintreten.
Da in den allermeisten Fällen ein Shopsystem extern bezogen wird -sei es als Open Source-Lösung oder als fremdprogrammierte Eigenentwicklung- ist bei der Auswahl des Shopsystems zu beachten, ob auch der Lieferant des Shopsystems -wie etwa eine Open-Source-Community- ein Entwicklungspotenzial hat.
Kosten für das Shopsystem
Qualität und Exzellenz gibt es nicht zum Nulltarif, das gilt auch für Shopsysteme für den E-commerce. Dennoch gibt es bezogen auf die Aufwandsseite erhebliche Unterschiede sowohl bei direkten als auch bei indirekten Kosten. Zunächst lassen sich viele Shopbetreiber von der Vorstellung verleiten, ein Open Source Shopsystem sei besonders günstig, vielleicht sogar kostenfrei erhältlich. Das ist sicher für die Basis Ausstattung des Shopsystems richtig, aber schon bald wird jedes Unternehmen feststellen, dass es weit mehr benötigt als die Basisausstattung. Ein wettbewerbsfähiger und attraktiver Online Shop muss je nach Wettbewerbsintensität der Branche sehr stark individualisiert werden, so dass in der Regel auch bei der Verwendung eines Open Source Systems ein erheblicher Anpassungs- und Entwicklungsaufwand entsteht.
Auch gemietete Shopsysteme können aufgrund des geringen Aufwands und reduzierter Liquiditätsbelastung sicher sehr attraktiv erscheinen. Sicher ist das Argument der verringerten Liquiditätsbeanspruch auch zutreffend, es wird aber durch das erhebliche Defizit geringer individueller Anpassungsmöglichkeiten erkauft. Auch ist die Abhängigkeit von der Entwicklung des Anbieters des Mietshops nicht unerheblich.
Insgesamt sollte die Kalkulation des Aufwands bei der Auswahl eines Shopsystems ganzheitlich erfolgen. Es ist nicht nur die Erstinstallation zu berücksichtigen sondern auch der Anpassungs- und Entwicklungsbedarf vor dem Hintergrund der Möglichkeiten, die ein Shopsystem bietet. Insgesamt bietet die Auswahl eines Shopsystems die Chance, eine langjährige Partnerschaft mit einer Agentur zu etablieren. Diese lässt sich am Besten anhand von Referenzen und ihrem Entwicklungspotenzial auswählen. Beachten Sie dabei auch die Verfügbarkeit der Ressourcen Ihrer Agentur: Die hohe Dynamik im E-commerce reduziert die Verfügbarkeit des Fachpersonals erheblich.
Kompatibilität mit dem jeweiligen E-commerce-Recht
Das spezielle Recht für den Online-Handel ist in Europa noch nicht harmonsiert, so dass ein deutscher Online-Shop auf andere, i.d.R. weitergehende Regulierung eingehen muss, als ein Shop in so manch anderen Ländern. Daher ist es für die Auswahl eines Shopsystems wichtig, dass es in diesen in einer „deutschen Variante“ gibt, so dass z.B. spezifische Informations- und Hinweispflichten, die nach deutschem Recht erfolgen müssen, erfüllt werden können. Ist bei einem deutschen Händler darüber hinaus eine Internationalisierung geplant, müsste das Shopsystem eben auch die rechtliche Situation in den angestrebten Zielländern abbilden. Schnell wird deutlich, dass multinationale Shops nur mit sehr weit etablierten oder eigenentwickelten Shopsystemen denkbar sind. Weiter ist die laufende Aktualisierung des Shopsystems vor dem Hintergrund sich permanent verändernder Rechtsprechung und Gesetzgebung ein entscheidender Erfolgsfaktoren. Wenn etwa die Anbieter bzw. Entwickler eines Shopsystems solche Rechtsänderung nicht durch die Bereitstellung entsprechender Updates nachvollziehen, können dem Shopbetreiber schnell Zusatzkosten entstehen, wenn er nämlich eigenentwickelte Anpassungen finanzieren muss.
Wer einen Shop erstellen möchte, sollte diese und weitere Aspekte zur Auswahl des Shopsystems bedenken. Gerne unterstützt und berät Sie das E-commerce Institut bei der Auswahl und Gestaltung eines Shopsystems. Sie erreichen uns unter info@ecommerceinstitut.de.